Die Zeit bis 1914

Von den Männern der ersten Stunde blieb nur Wilhelm Michael bis zu seinem Tode in St. Ilgen. Johann Kneiser wirkte und lebte hier bis ins hohe Alter und zog dann zu seiner Tochter nach Sandhausen, wo er im Alter von 82 Jahren verstorben ist.

Paul Michael und Bruno Kirchhüber zogen nach Leimen, heirateten und gingen dort ihrem Beruf nach, wobei sie in dem auch in Leimen gegründeten SPD-Ortsverein mitarbeiteten.

Zu den wandernden Lederarbeitern, die um die Jahrhundertwende nach St. Ilgen und die Nachbarorte kamen, gehörte auch der Genosse Hermann Rätsch, der im August 1900 dem SPD-Ortsverein St. Ilgen beigetreten ist und hier auch sein 50-jähriges Parteijubiläum feiern konnte. Er wurde das erste Ehrenmitglied des Ortsvereins.

Für die Parteiarbeit standen damals nur die Sonn- und Feiertage zur Verfügung. An normalen Werktagen hatten die Genossen nach einem 12-stündigen Arbeitstag bei zum Teil schwerer körperlicher Arbeit weder die Zeit noch die Karft, sich parteipolitisch zu betätigen. Dafür wurde an Sonntagen fast jede freie Stunde genutzt, um Mitglieder zu werben, gewerkschaftliche Organisationen aufzubauen und mit den Genossen weitere Aktivitäten, zum Beispiel zum 1. Mai, vorzubereiten.

Eine wichtige Tätigkeit war auch die Aufstellung geeigneter Kandidaten für die Wahlen zum Bürgerausschuß und zum Gemeinderat.


Nach der badischen Gemeindeverfassung wählten die Bürger, aufgeteilt nach dem Steueraufkommen (Gemeindeumlage) in drei Klassen, den Bürgerausschuß. Nicht wahlberechtigt war, wer keine selbständige Lebensstellung hatte oder nicht zur Steuerzahlung veranlagt wurde, also Dienstboten, Armengeldempfänger usw. Die Bürgerausschußmitglieder wurden für jeweils sechs Jahre gewählt, wobei alle drei Jahre Wahlen für die Hälfte der Mitglieder stattfanden. Die Zahl der Mitglieder im Ausschuß richtete sich nach der Zahl der Wahlberechtigten.

Der Gemeinderat wurde bis 1910 vom Bürgerausschuß, danach von der wahlberechtigten Einwohnerschaft gewählt. Auch die Amtszeit der Gemeinderäte betrug sechs Jahre. Der Gemeinderat wählte den Bürgermeister für neun Jahre.


Überliefert ist uns das Ergebnis der Bürgerausschußwahl von 1906. In der dritten Klasse wurden gewählt: Hermann Rätsch, Emil Flory, Johann Kneiser, Genosse Trost. Und in der zweiten Klasse der Zigarrenmacher Johannes Rübler.

Bei den nachfolgenden Gemeinderatswahlen konnte der Mitbegründer der Lederfabrik Ludwig Reichert als erster Sozialdemokrat in den Gemeinderat gewählt wer den.

Karl Dworak mußte 1911 aus gesundheitlichen Gründen sein Amt als Parteivorsitzender niederlegen. Sein Nachfolger wurde Emil Flory.

Der erste Weltkrieg unterbrach die Parteiarbeit.


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