Gemeinsame Resolution des Leimener Gemeinderats zur Flüchtlingspolitik
Den Wortlaut der Resolution finden Sie hier.
Stellungnahme der SPD Dr. Peter Sandner
Werfen wir einen Blick zurück auf Mai des Jahres2021 zurück, als die Idee zur Resolution entstand. Die Zustände im mittleren Mittelmeer (von Libyen und Tunesien nach Malta und Italien) waren so, dass sie Schlagzeilen machten. Flüchtlinge wurden von Schleppern in seeuntüchtige Schlauchboote gelockt, auf See allein gelassen, erlitten Schiffbruch und ertranken jämmerlich. Rettungsschiffe wurden in ihrer Arbeit behindert, ihre Besatzungen sogar kriminalisiert, festgenommen und angeklagt. Schiffe der EU-Grenzschutzagentur waren in illegale Push-back-Aktionen verwickelt. Um das Ausmaß dieser Katastrophe zu verdeutlichen: Seit 2014 sind mehr als 22.000 Menschen im Mittelmeer ertrunken, seit Januar 2021 bis jetzt über 1.500. Dabei ist die Seenotrettung nicht nur in der maritimen Tradition verankert, sondern sogar völkervertraglich festgeschrieben: Das Seerechtsübereinkommen der UN von 1982 verpflichtet alle auf See befindlichen Schiffe grundsätzlich zur Rettung von in Seenot geratenen Personen. Diese UN-Konvention wurde von 167 Staaten ratifiziert. Dann haben sich durch die Flüchtlingsströme aus Syrien auch die Probleme im östlichen Mittelmeer verschärft, wobei diese Flüchtlinge auch als Spielball des türkischen Präsidenten und Druckmittel gegen die EU benutzt wurden und werden. Schlagzeilen machte das Lager auf der griechischen Insel Lesbos. Dort wurden die Zustände nach einem Brand verheerend, die schon zuvor menschenunwürdig waren. Ganz aktuell schaffen es jetzt auch die Geschehnisse an der polnischen und lettischen Grenze in die Nachrichten. Dort setzt der belarussische Machthaber die Flüchtlinge als Druckmittel gegen die EU ein. Aber sind Stacheldrahtzäune das richtige Mittel oder sogar das Zurückdrängen der Flüchtlinge mit Schlagstockeinsatz und roher Gewalt? Auch hier kritische Zustände an einer EU -Außengrenze. Aber wir können den schwarzen Peter nicht diesen Ländern zuschieben, unsere Augen verschließen und Länder mit Außengrenzen allein lassen. Dies war und ist zwar bequem, aber sicher nicht dem Geist der europäischen Verträge und schon gar nicht der oft gepriesenen gemeinsamen Wertebasis des christlichen Abendlandes angemessen. Wieso aber eine Resolution des Gemeinderats? Könnten nicht wir uns auch bequem zurücklegen und darauf verweisen, dass unsere Stadt schon bisher über den allgemeinen sog. Königsteiner Schlüssel hinaus Flüchtlinge aufgenommen hat und eine besondere Willkommenskultur (Engagement der Stadtverwaltung, des Vereins „Leimen ist bunt“, der Kirchengemeinden) gelebt hat? Ist das nicht ein Problem der großen Politik, zu dem wir uns gar nicht äußern sollten? Sicher, das Problem muss in Berlin und Brüssel gelöst werden, aber wir sollten auch an der Basis Druck machen. Um erstens durch verstärkte Entwicklungshilfe die Situation in den ärmsten Ländern Afrikas so zu verbessern, dass die Notwendigkeit der Flucht ins gelobte Europa entfällt. Und man kann für Afrika auch Mittel- und Südamerika setzen und für Europa die USA. Entwicklungsminister Gerd Müller sprach von 40 Milliarden Euro pro Jahr, die die Industrieländer für den Kampf gegen den Hunger aufbringen müssten, sonst sterben weiterhin täglich 15.000 Kinder an Unterernährung und Hunger. Und um zweitens müssen durch verstärktes außenpolitisches Engagement solche Konflikte eingedämmt bzw. beseitigt werden, die in Ländern wie Syrien oder Afghanistan zu großen Flüchtlingsströmen führen. In unserer Haltung sehen wir uns gestärkt durch beide christlichen Kirchen in unserm Land, die vor kurzem eine gemeinsame Erklärung zur Flüchtlingspolitik veröffentlicht haben und für eine von Humanität und Solidarität geprägte Flüchtlingspolitik werben. „Dass die Würde und die Rechte von Geflüchteten an so vielen Orten weltweit missachtet und verletzt werden, so auch an den Außengrenzen der EU, ist skandalös und zutiefst beschämend. Deshalb setzen wir uns nachdrücklich für eine europäische Flüchtlingspolitik ein, die sich an den Menschenrechten orientiert." (EKG Ratsvorsitzender Bedford-Strohm) Aus dieser Verantwortung heraus wurde in der Resolution folgende Selbstverpflichtung des Gemeinderats formuliert: Die Mitglieder des Gemeinderats wollen sich bei den Mandatsträgern ihrer jeweiligen Parteien auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene nachdrücklich dafür einsetzen, dass den Missständen bei der Seenotrettung im Mittelmeer, in den Flüchtlingslagern und an den EU-Außengrenzen abgeholfen wird. Gleichzeitig sollte durch die Bundesrepublik und die EU die weltweite Bekämpfung der Fluchtursachen intensiviert werden. Die Stadt Leimen soll die bisherige Praxis einer Willkommenskultur fortsetzen und alles dafür tun, um die Akzeptanz der Flüchtlinge zu fördern, ihnen Bleibeperspektiven zu eröffnen und ihre volle Integration in unsere Gesellschaft zu ermöglichen. Hierfür sichert der Gemeinderat der Stadtverwaltung und allen lokalen Organisationen, die sich der Betreuung und Integration von Flüchtlingen widmen, weiterhin volle Unterstützung zu. |