Die Gemeinschaftsschule wurde erneut abgelehnt

Karl-Heinz Wagner
Stellungnahme zur Gemeinderatssitzung
am 29. April 2015


Auf Antrag der Fraktionen von SPD und GALL befasste sich der Gemeinderat im Juli 2013 erstmalig mit der Einführung einer Gemeinschaftsschule durch Umwandlung der Geschwister-Scholl-Schule (GSS) zum Schuljahr 2014/15. Eine Stimmenmehrheit für diesen Antrag wurde um genau eine Stimme verfehlt. In der Folgezeit wurden Gespräche mit den umliegenden Gemeinden und dem Schulamt geführt; das Schulamt forderte eine Einbeziehung auch der Realschule Leimen in die Entscheidung. Mit dieser Begründung lehnte eine Mehrheit im Gemeinderat in der für das Schuljahr 2015/16 entscheidenden Sitzung im März 2014 die Einführung der Gemeinschaftsschule erneut ab. Die Gespräche mit der Realschule fanden statt, das Kollegium der Realschule sprach sich gegen die Umwandlung aus. Jetzt befasste sich der Gemeinderat erneut mit der Einführung der Gemeinschaftsschule zum Schuljahr 2016/17.

Die SPD-Fraktion ist der Meinung, dass jetzt alle relevanten Fakten auf dem Tisch liegen und kein Grund für die Beibehaltung des derzeitigen Standes oder eine erneute Vertagung besteht. Die Stadt Walldorf und die Gemeinden Sandhausen und Nussloch führen ebenso wie die Otto-Graf-Realschule Leimen keine Gemeinschaftsschule ein, damit sind ideale Bedingungen für die GSS als Gemeinschaftsschule gegeben. Die GSS verfügt über ein nach externer Prüfung hervorragend bewertetes pädagogisches Konzept und ein engagiertes Lehrerkollegium, die für die jetzt bestehende Werkrealschule angemeldeten Schülerzahlen sind für die geforderten zwei Unterrichtszüge pro Jahrgang ausreichend. Damit ist auch aus Sicht des Schulamtes sicher gestellt, dass ein Antrag auf Einführung der Gemeinschaftsschule erfolgreich sein wird.

Für uns ist wichtig, dass alle Kinder bei der Schulausbildung mitgenommen werden, insbesondere auch die Kinder, die sich – aus welchen Gründen auch immer - schon mit dem Unterrichtsstoff der Hauptschule schwer tun und deswegen einer besonderen Betreuung bedürfen. In einer Gemeinschaftsschule mit Ganztagesunterricht werden Kinder unterschiedlicher Begabungen und Fähigkeiten zusammen unterrichtet und profitieren voneinander. Das von Pädagogen geforderte längere gemeinsame Lernen wird so verwirklicht. Und Eltern, die ihre Kinder nachmittags lieber zu Hause betreuen wollen, können ihre Kinder an der Realschule anmelden, die ab dem Schuljahr 2016/17 auch den Hauptschulabschluss anbieten muss.

Mit drei Grundschulen, einer Realschule sowie einer künftigen Gemeinschaftsschule als Ganztagesschule kann die Stadt Leimen ein schlüssiges Gesamtkonzept bieten, deshalb ist für uns die Forderung der CDU-Fraktion nach einem solchen Gesamtkonzept nicht nachvollziehbar. Es ist auch nicht richtig, dass wir jetzt genügend Zeit hätten, nachdem keine der benachbarten Gemeinden eine Gemeinschaftsschule einrichten will. Wichtig ist, dass gerade Kinder mit Migrationshintergrund und aus Spätaussiedlerfamilien – aber nicht nur sie – so bald wie möglich von der Einführung von Ganztagesunterricht und Ganztagsbetreuung profitieren. Für sie ist jedes Jahr Verzögerung ein verlorenes Jahr. Mit Interesse haben wir vernommen, dass sich die Freien Wähler eine Ganztagesschule vorstellen können. Warum sie dann aber auf halbem Wege anhalten und nicht auch die Gemeinschaftsschule wollen, bleibt ihr Geheimnis, denn ob eine Werkrealschule als Ganztagesschule das Lehrpersonal erhält, das für eine Gemeinschaftsschule vorgesehen ist, muss bezweifelt werden. Die fehlenden zusätzlichen Lehrkräfte, die für einen Ganztagesbetrieb benötigt werden, lassen es auch als völlig unrealistisch erscheinen, dass die jetzige Landesregierung in absehbarer Zeit alle Realschulen als Ganztagesschulen verpflichten wird. Diese von der FDP geäußerte Befürchtung mit dem Ergebnis, dass wir dann zwei Mensen finanzieren müssten, können wir nicht nachvollziehen.

Es bleibt der Eindruck, dass Mitglieder des Leimener Gemeinderates die Gemeinschaftsschule aus ideologischen Gründen ablehnen. Das dreigliedrige System mit frühzeitiger Trennung der Schüler in gut, durchschnittlich und unterdurchschnittlich Begabte und/oder Geförderte scheint in vielen Köpfen trotz pädagogischem Verriss' immer noch als ideale Schulform herumzuirren.

Die Finanzierung ist nicht „in Stein gemeißelt“, aber auch kein reines Wunschkonzert. Das Investitionsprogramm 2014-2019 ist Bestandteil des Haushaltes 2015, der im November 2014 von einer großen Mehrheit im Gemeinderat verabschiedet wurde. Dieses enthält für die GSS im Hochbau folgende Investitionen: 2016-2018 insgesamt 6 Mio. Euro, sowie 1,2 Mio. Euro Landeszuschüsse. In allen drei Jahren sind Zuführungen zum Vermögenshaushalt von jeweils über 2 Mio. Euro und keine Rücklagenentnahmen vorgesehen, Zeichen für eine solide Finanzierung. Damit ist der Großteil der Gesamtinvestitionen für eine Gemeinschaftsschule in der Planung.