Stellungnahme der SPD-Fraktion
zum Haushaltsplan 2006

Karl-Heinz Wagner
in der Gemeinderatssitzung
am 22. Dezember 2005


Herr Oberbürgermeister,Herr Bürgermeister,meine Damen und Herren!

Allgemeines:

Der IFO-Index des Geschäftsklimas auf Jahreshöchststand, die Aktienkurse erreichen den höchsten Stand seit 3 ½ Jahren, fast alle im DAX notierten Unternehmen melden deutliche Gewinnsteigerungen: Deutschlands Wirtschaft geht es gut, und es soll 2006 noch besser werden. Einziger Schönheitsfehler: Das Wirtschaftswachstum wird ausschließlich beim Export erwartet. Die Binnennachfrage wird sich auch im kommenden Jahr kaum beleben, und dass das so bleibt, dafür sorgen die Unternehmen selbst: Es wird weiterhin mit einem massiven Abbau gerade der sozialversicherungspflichtigen Vollzeitarbeitsplätze trotz steigender Gewinne gerechnet, und wer seinen Job behalten will, muss länger arbeiten und auf Lohnzuwachs verzichten.

Damit beleuchte ich einen Aspekt unserer kommunalen Finanzen: Bei stagnierenden oder sinkenden Einkommen kann auch die Einkommensteuer nicht wachsen, also ist auch unser Anteil daran – das erste Standbein unserer Finanzen - nicht steigerungsfähig.

Ein weiterer Aspekt betrifft das schwierige Verhältnis zwischen Land und Kommunen. Die Bundesregierung hatte für 2004 unter Führung der SPD eine Gemeindefinanzreform mit deutlichen Vorteilen für die Kommunen durgesetzt, das Land reklamiert diesen Zuwachs im Doppelhaushalt 2005/2006 für sich und streicht die kommunalen Zuschüsse in gleicher Höhe. Die Begründung – niedrigere Steuereinnahmen des Landes – triff auch die Kommunen. Es wird noch einer draufgesetzt: Einsparungen durch Hartz IV in Höhe von ca 100 Mio. werden nicht an die Kommunen weitergeleitet. Schließlich legt das Land noch ein Programm Ganztagesschulen auf, die Baukosten sollen die Kommunen jedoch zu 85 % übernehmen, und zusätzliches Personal darf auch nichts kosten: Schließlich gibt es ja noch das Ehrenamt.

Das zweite Standbein der kommunalen Finanzen, die Schlüsselzuweisungen des Landes, erweist sich damit als wenig verlässlich.

Damit bleiben im Einnahmebereich des kommunalen Haushaltes die Grund- und Gewerbesteuer, Gebühren, Auflösung von Rücklagen, die Konzessionsabgabe und schließlich Kredite.

Kredite sind am bequemsten, gerade bei derzeit noch niedrigen Zinsen tun sie nicht sonderlich weh, irgendwann müssen sie aber auch gezahlt werden, deshalb stehen sie nicht unbeschränkt zur Verfügung. Im Vermögenshaushalt sind 3,5 Mio. vorgesehen, in gleicher Höhe sind Baumaßnahmen – vorwiegend Tiefbau und Instandhaltung, Instandsetzung von Schulen Verwaltungsgebäuden und Feuerwehren eingeplant. Diese dringend notwendigen Maßnahmen werden also vollständig über Kredite finanziert. Weitere Kredite sind für die nächste Generation, die sie zurückzahlen soll, nicht akzeptabel.

Über die Konzessionsabgabe für Wasser ist viel gesagt und geschrieben worden. Ich möchte betonen, dass sie vom Grundsatz gerechtfertigt ist. Sie ist Nutzungsentgelt, das jeder private Eigentümer fordern würde, nähme man sein Grundstück für Leitungsrechte in Anspruch und das auch die Stadt von jedem fremden Versorger mit Recht fordert. Mit gut 100.000 € wird ein Drittel der zulässigen Abgabe berechnet und als Einnahme in den Haushalt eingestellt, ein akzeptabler Kompromiss.

Mit der Einstellung von Rücklagen habe ich mehr Probleme: Im Regelfall stehen sie nur einmal zur Verfügung, werden aber für Kosten eingesetzt, die auch in den Folgejahren anfallen. Wir lösen bei den Eigenbetrieben 1,45 Mio € und bei den Wasserwerken 170.000 € auf, ein bedenklicher Schritt, der aber im Hinblick auf die Gesamtlage des Haushaltes unumgänglich erscheint.

Gebühren:

Gebühren stellen Entgelte für städtische Leistungen und Nutzungsvorteile dar. Die Stadt hat Gestaltungsspielräume, die durch die allgemeinen Grundsätze - Gleichheitssatz, Sozialstaatlichkeit, pflichtgemäßes Ermessen - eingeschränkt werden. Die Obergrenze der Gebühr ist der tatsächliche Aufwand der Stadt.

Für unsere Fraktion gilt: Städtische Aufwendungen, die nicht durch Gebühren gedeckt werden, müssen aus anderen Töpfen - Steuern, Zuweisungen, Krediten - bezahlt werden, werden also von allen Bürgern gemeinsam aufgebracht. Wo es sozial verträglich ist, sollen sich die Gebühren am Aufwand orientieren - Beispiel: Bestattungen. Anders im Bereich Kinder- und Jugendeinrichtungen. Wenn Kinder heute schon das größte Armutsrisiko darstellen, darf die Stadt Familien nicht mit hohen Kindergartengebühren von der Inanspruchnahme dieser wichtigen Einrichtung abhalten. Wir können uns vorstellen, die Gebühren nach Einkommen der Eltern zu staffeln. Scheitert diese Staffelung an zu hohen Verwaltungsaufwendungen, so kommt eine Gebührenerhöhung nicht in Betracht.

Grund- und Gewerbesteuer:

Die SPD-Fraktion tritt mehrheitlich für eine Anhebung beider Steuern auf der Grundlage des Vorschlages der Verwaltung ein. Auch wir wollen Bürger und Gewerbetreibende nicht mehr als nötig zur Kasse bitten, sehen jedoch keine andere Alternative, um noch ein Mindestmaß an freiwilligen Leistungen für den Bürger bereit stellen zu können. Wer diese Erhöhung, die uns gut 500.000 € einbringt, ablehnt, muss ernsthafte Vorschläge machen, wo Ausgaben in gleicher Höhe zu kürzen sind. Mit der Erhöhung der Grundstückserlöse lügt er sich in die eigene Tasche, sie sind mit ca. 800.000,00 € ohnehin – im Vergleich zu dem laufenden Jahr – zu optimistisch angesetzt, und eine zusätzliche Kreditaufnahme verbietet sich auch. Also müssten die ohnehin bereits über die Schmerzgrenze hinaus gekürzten freiwilligen Leistungen nochmals reduziert werden, denn an den Pflichtaufgaben kommen wir nicht vorbei.

Die Erhöhung der Grundsteuer trifft alle Bürger und enthält eine soziale Komponente: Der Mieter im Mehrfamilienhaus zahlt weniger als der Eigentümer eines Reihenhauses, der wiederrum gegenüber dem Villenbesitzer im Vorteil ist.

Die Erhöhung der Gewerbesteuer trifft den Unternehmer wegen der Anrechnung auf die Unternehmenssteuern nicht besonders hart, umgekehrt ist zu bedenken, dass sich nach zwei Jahren auch die Gewerbesteuerumlage erhöht.

Freiwillige Leistungen:

Jugendförderung

In einer fraktionsübergreifenden Initiative konnte das schon 2004 begonnene Unternehmen, im VZP die Förderung auf die Kinder und Jugendlichen zu konzentrieren, zu einem akzeptablen Abschluss gebracht werden. Das neue 10. Programm beginnt 2006, vereinfacht die Arbeit für die Verwaltung und legt die Förderrichtlinien für alle Vereine überschaubar fest. Wir tragen es selbstverständlich mit und gehen davon aus, dass jetzt für die nächsten drei Jahre verlässliche Richtlinien bestehen.

Die Vereine leisten mit sportlichen und kulturellen Angeboten viel in der Jugendarbeit, doch nicht alle Jugendlichen lassen sich von diesen Angeboten ansprechen. Für sie stellen wir auch künftig Alternativen zur Verfügung. Unsere Fraktion steht voll hinter der Beibehaltung von „Basket“ in allen Stadtteilen. Die Mittel sind weiter bereitzustellen.

Auch die Schulsozialarbeit bedarf weiterer Unterstützung Wir bedauern es, dass die in St.Ilgen tätig gewesenen Kräfte nicht mehr im bisherigen Umfang finanziert werden können. Das Land und der Kreis haben Mittel bei der Integrationsarbeit gestrichen. Hier kann die Stadt nicht allein in die Bresche springen.

Erneuerung von Hallen- und Freibad

Die Hallen- und Freibaderneuerung trat 2005 in die entscheidende Phase. Der günstigste Investor rechnet mit einem städtischen Zuschuss von 420.000 € pro Jahr, mit einer Steigerung von jährlich 2,5 %, ein Betrag, der schon in der Vergangenheit für das jetzt geschlossene Hallenbad nicht ausreicht hat. Die Alternative zum Investorenmodell wäre daher die Schließung auch des Hallenbades gewesen, eine Entscheidung, die unsere Fraktion mehrheitlich nicht mittragen konnte.

Stadtentwicklung

Mit der Fertigstellung der Nord-Ost-Umgehung ist mit einer Beruhigung des innerstädtischen Verkehrs in der Rathaus- und Heltenstraße zu rechnen - selbst wenn die innerörtliche Entlastungsstraße noch nicht freigegeben werden kann. Damit wäre die Gelegenheit für eine Belebung des Stadtkerns günstig, wenn denn Geld vorhanden wäre. Bei der derzeitgen Kassenlage bleibt nur das Betreibermodell.

Grundbuchamt

Die Aufgabe des Grundbuchamtes ist beschlossen, aber noch nicht umgesetzt. Im kommenden Jahr dürfte keine Einsparung möglich sein, da das Personal- und Sachkosten unvermindert anfallen. Ich bin aus beruflichen Gründen auch für die dauerhafte Beibehaltung eingetreten, da nach meiner Erfahrung hier schneller gearbeitet werden kann., was den Antragstellern zugute kommt. Diese Vorteile sind aber sachlich gegen die Einsparungsmöglichkeiten abgewogen worden.

WBG

Die Städtische Wohnungsbaugesellschaft verschlang noch 2002 und 2003 jährlich ca. 250.000,00 Euro wegen der noch nicht abgewickelten Altlasten und ist zum Dauerthema geworden. Zwischenzeitlich steht eine „Schwarze Null“ in der Bilanz. Eine schnelle Beerdigung ist nicht möglich, die laufenden Kredite wären auch nach einer Liquidation von der Stadt weiterhin zu bedienen. Der Verkauf der teuer erworbenen Immobilien verläuft schleppend, mit fast jedem Verkauf werden stille Lasten in echte Verluste umgewandelt.

ÖPNV

Wir begrüßen den Baubeginn des Park-and-ride-Platzes am Bahnhof – Ostseite – und den Abschluss der Verhandlungen mit der Deutschen Bahn AG über den Ankauf der Parkflächen – Westseite - und damit die Steigerung der Attraktivität der S-Bahn, verbunden mit der städtebaulichen Aufwertung des Willi-Brandt-Platzes. Wir brauchen auch weiterhin den innerstädtischen Bus, u.a. zur Anbindung an die S-Bahn. Daneben bleibt auch die Straßenbahn nach Heidelberg mit dem derzeitigen Takt unverzichtbar. Die Mittel im Haushalt mit 695.000,00 sind unverzichtbar.

Drogenberatung

Vor zwei Jahren noch heftig umstritten ist jetzt vom Kreis eine Stelle eingerichtet, die uns nur mit überschaubaren Kosten von 2.000 Euro belastet. Wir begrüßen diese Initiative in der Erkenntnis, dass diese Stelle sich nicht nur um rauchgiftkonsumierende Junkies und -handelnde Dealer kümmert, sondern auch für „gesellschaftsfähige Drogen“ - Alkohol, Tabak - zuständig ist.

VSM

Dieser Bereich ist trotz Ausschöpfung von Sparmöglichkeiten bei Besoldung und Anpassung der Gebühren defizitär. Er wird es bleiben, Kultur ist nicht zum Nulltarif zu haben. Die geplanten Zuschüsse belaufen sich auf ca. 250.000 € bei der Musikschule, 90.000,00 € bei der Stadtbücherei und 50.000,00 bei der VHS. Hier ist die VSM jetzt gefordert, festzustellen, welche Kurse im Bereich der Musikschule besonders defizitär sind, um diese Kurse zurückzufahren und die im BAT beschäftigten Lehrer anderweitig zu beschäftigen. Dabei bleibt weiterhin gültig: Die Förderung von Kindern und Jugendlichen steht ganz oben, auf der zweiten Stufe stehen Erwachsenenkurse, die der Berufsförderung und Weiterbildung dienen und auch bezuschusst werden müssen, weitere Kurse, die der Allgemeinbildung, Freizeitunterhaltung etc. dienen, müssen sich selbst tragen. Weitere Synergiemöglichkeiten sind auszuschöpfen, so kann jedenfalls Erwachsenen durchaus zugemutet werden mit dem ebenfalls geförderten ÖPNV Kurse in Nachbargemeinden zu besuchen.

Personalkosten

An dieser Stelle ist der Verwaltung Anerkennung auszusprechen, die Personalkosten auf ein vertretbares Niveau reduziert und hier stabilisiert zu haben. Einige in der Vergangenheit überfällig gewesene Beförderungen sind vollzogen. Trotzdem blieben die Kosten insgesamt rückläufig: Waren sie im Haushalt 2001 noch mit 18 Mio DM angesetzt und mit 16,6 Mio tatsächlich in Anspruch genommen, liegen sie im Haushalt 2006 bei 8,6 Mio €.

Diese Anerkennung von unserer Seite findet nicht die Zustimmung aller Gemeinderäte. Es gibt Kollegen, die meinen, die Verwaltung sei bei den Amtsleitern, also im Bereich des höheren Dienstes, zu gut ausgestattet. Dem kann man zustimmen, darf es aber nicht der derzeitigen Verwaltungsspitze anlasten. Alle Beförderungen in diesem Bereich stammen noch aus der Ära Ehrbar und wurden jedenfalls mit einer Mehrheit im Gemeinderat beschlossen, zu der auch die Fraktion gehörte, aus deren Mitte jetzt besonders kritische Stimmen zur Personalsituation kommen. Diese Kritik ist schlicht unfair.

Diäten

Ich lege Wert auf die Feststellung, dass sich die Diäten unter der neuen Verwaltungsspitze seit Juni 2000 nicht erhöht, sondern über die Kürzung der Pauschale per Saldo ermäßigt haben. Kein Stadtrat hat es in der Hand, durch fantastische Beschäftigungsverhältnisse höhere Diäten zu erwirtschaften als sie ihm zustehen.

Schlußbemerkungen:

Die Fraktion der SPD stimmt mehrheitlich dem Haushalt zu. Dies gilt nur für den vorliegenden Ansatz, also mit Erhöhung von Grund- und Gewerbesteuer. Wird diese mehrheitlich abgelehnt und der Fehlbedarf über mehr Kredite oder Grundstückserlöse finanziert, müssen wir die Zustimmung verweigern.

Abschließend spreche ich den Mitarbeitern der Kämmerei mit Herrn Lange an der Spitze Dank und Anerkennung für die geleistete Arbeit bei der Aufstellung des Haushaltes aus. Mehr als 200 Seiten eng gedruckte Zahlen, nach jeder Sitzung des Gemeinderates waren wieder Änderungen einzuarbeiten, das Ganze auch übersichtlich darzustellen war ein gewaltiges Stück Arbeit.