Leserbrief von Dr. Peter Sandner
zum Beitrag "Heute anders als damals!"
von Wolfgang Stern (SDW) in der RaRu vom 16.1.2004

Dr. Peter Sandner
Panoramastr. 20b
69181 Leimen
17. Januar 2004


So geht es nicht!

Hier soll nicht nochmals auf die Vorgänge im Gemeinderat um die Anmietung des Kurpfalzzentrum eingegangen werden – dies ist von meiner Seite bereits in der RaRu vom 16.1.2004 geschehen – aber die folgenden Ausführungen im Artikel von Wolfgang Stern können nicht unkommentiert bleiben: „Wie kann ein Mann … unsere Kinder unterrichten, wenn er die einfachen Vorgänge in der Kommunalpolitik nicht versteht oder sich damit nicht eingehend befasst und dies dann in einem Leserbrief unqualifiziert wiedergibt. Vielleicht sollte man in Erwägung ziehen, solche Pädagogen, die alles durch die Parteibrille sehen und dies dann auch noch artikulieren, ihres Amtes zu entheben.“

Wenn der der letzte Satz nicht ironisch gemeint ist (und da spricht der Kontext dagegen), dann kann ich Wolfgang Stern nur dazu auffordern, einmal das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland zu lesen. Da er sich nach eigenem Bekunden nicht mehr so viel im Rathaus aufhält, müsste er eigentlich Zeit dazu finden. Dort wird jedem Bürger in Artikel 3 garantiert, dass er wegen seiner politischen Auffassung nicht benachteiligt (und auch nicht bevorzugt) werden darf, und Artikel 5 verbrieft, dass er seine Meinung in Wort, Schrift und Bild verbreiten darf!

Vorbehalte zum Grundrecht der freien Meinungsäußerung existieren natürlich, niemand darf zum Umsturz unserer Grundordnung oder auch zu Straftaten aufrufen und niemand darf durch seine Äußerungen die Ehre anderer verletzen. Diese Vorbehalte sind im vorliegenden Fall sicher nicht gegeben – denn eine andere Meinung in einer kommunalpolitischen Streitfrage als Wolfgang Stern (und die CDU) zu haben - gilt ja wohl hoffentlich nicht als Ehrabschneidung oder gar als Verfassungsbruch!

Das Grundrecht gilt für alle Personen - also auch Pädagogen, wenn gleich diese sich im Unterricht der Mäßigung befleißigen sollten und keine politische Indoktrination ausüben dürfen. Aber auch das war im vorliegenden Fall nicht gegeben: Wolfgang Stern regt sich nicht über Äußerungen des Pädagogen im Unterricht auf, sondern über die Ausführungen in einem Leserbrief!

Wolfgang Stern muss sich daher schon fragen lassen, welche Berufsgruppen er als nächstes mit Amtsenthebungen oder Kündigungen überziehen will, wenn sie nicht seine eigenen (kommunal)politischen Auffassungen teilen? Warum nicht gleich den gesamten öffentlichen Dienst und dann vielleicht auch noch alle Mitarbeiter der deutschen Automobilindustrie? So geht es nicht Herr Stern!

„Sapere aude - wage zu wissen“ war früher der Wahlspruch der Aufklärung. Und vielleicht sollte man heute hinzufügen: Wage deine Meinung auch zu sagen!

Dr. Peter Sandner
Fraktionssprecher der SPD-Gemeinderatsfraktion