Begrüßung beim Bahnhofsfest in St. Ilgen

Edgar Veit
am 14. Dezember 2003


Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Gäste aus Nah und Fern,
liebe Freunde,

der Anlass, dass wir uns heute hier im Bahnhof St. Ilgen zusammen gefunden haben ist ein sehr erfreulicher, ja es ist ein Meilenstein für unsere Region. Denn heute Nacht war der Start für die in unserer Region lang erwartete S-Bahn Rhein-Neckar. Auf ihrem rund 240 Kilometer umfassenden Netz verbinden die vier Linien der S-Bahn Kaiserslautern mit Osterburken und Speyer mit Karlsruhe und man höre und staune die Linie S4 fährt wie bereits 1841 geplant mitten durch "Dilje" mit einem Halt, nämlich Bahnhof St. Ilgen. Und gerade deshalb bin ich, als echter St. Ilgener und überzeugter Nah- und Fernverkehrsfreund, stolz darauf, Sie begrüßen zu dürfen.

Edgar Veit

Dass wir heute hier in St. Ilgen dabei sein können, diese Geburtstagsparty, gemeinsam mit vielen weiteren Städten und Gemeinden, entlang der vier SBahnlinien zu feiern, ist die Folge des Mutes, den bereits im Jahre 1841 die "Diljemer" Bürgerinnen und Bürger (ca. 500 Einwohner) mit ihrem damaligen Bürgermeister Jakob Schmitt aufbrachten, den dampfenden und fauchenden Stahlrössern mehrheitlich zuzustimmen, wenn auch mit einigen Ängsten und Misstrauen.

Dieser Mut der damaligen "Diljemer" Bürger war wie auch andernorts der zukunftsweisende Schritt, zur heutigen S-Bahn Rhein-Neckar. Es sei mir deshalb gestattet, dass ich aus zwei Heimatbüchern unserer Stadtteile St. Ilgen und Leimen ein paar wenige Beiträge allgemeingeschichtlicher Daten und Fakten zitiere: Aus dem Heimatbuch "Ja - so war das früher bei uns in Dilie" von Ludwig Pfahler und aus dem Geschichtsbuch "Wann war was. Was war wann ?" von Rolf Kiefer aus Leimen.

Die Eisenbahn (aus dem Heimatbuch von Ludwig Pfahler)

Die Bahnlinie Heidelberg-Karlsruhe wurde in unserem Bauabschnitt etwa in den Jahren 1840/1841 gebaut Bei genauer Betrachtung stellt man fest, dass die Bahntrasse in unserem Gebiet ausschließlich auf St. Ilgener Gemarkung verläuft. Wenn man der mündlichen Überlieferung Glauben schenken darf, ist der Grund darin zu suchen, dass die Sandhäuser nicht bereit waren, zu diesem Zweck damals Gelände zur Verfügung zu stellen. Die Landvermesser der großherzoglichen Eisenbahn wurden damals von Sandhäuser Bürgern, als sie die Bahnlinie auf Sandhäuser Gemarkung vermessen wollten, mit Stangen, Sicheln und Heugabeln in Richtung "Dilje" verjagt. So kam das Projekt "Eisenbahn" nach St. Ilgen. Nun die Bahngleise wurden seinerzeit über Diljemer Gemarkung verlegt und als Folge davon heißt die Bahnstation bis auf den heutigen Tag:
Bahnhof St. Ilgen (Sandhausen).
Das Bahnhofsgebäude, mittlerweile vom Landesdenkmalamt unter Denkmalschutz gestellt, wurde 1874 erbauf und steht etwa an der Stelle, auf der in früherer Vergangenheit das Wohn- und Wirtschattsgebäude des Kurfürstlichen Fasaneriemeisters stand. Der Bau der Eisenbahn machte im nachhinein das Erstellen einer großen Anzahl von Brücken notwendig. Den für damalige Begriffe enormen erforderlichen Materialbedarf für die Dammaufschüttung bezog man hauptsächlich vom Sandhäuser Sandbuckel. Probleme allgemeiner Art stellt der Bahnkörper für den jetzigen Stadtteil St llgen immer noch genügend dar, obwohl man dabei an den eingangs ervvähnten Weltuntergang nicht mehr zu denken braucht.

Einige Daten (aus dem Geschichtsbuch von Rolf Kiefer)

  • 1841 Die Gemeinde Leimen erwirbt von Mathias Müller das Palais Seligmann um den Preis von 8.000 Gulden Die Bahnstrecke Heidelberg - Karlsruhe wird in Angriff genommen. Auch St. llgener Grundstückseigentümer müssen das für den Gleisbau erforderliche Gelände im Wege der Zwangsabtretung zur Verfügung stellen. Am 18. Juli wird die Eisenbahnstrecke Mannheim - Heidelberg feierlich eingeweiht.
  • 1858 Die Hauptbahntrasse Mannheim - Heidelberg - Base! ist fertiggestellt.
  • 1862 Die großherzogliche Inspektion der Verkehrsanstalten teilt mit, dass die von den Gemeinden Leimen, St. llgen, Nussloch und Sandhausen beantragte Güterstation beim Bahnhof St. Ilgen nicht befürwortet werden kann.
  • 1863 Am 01. April tritt wohl in Zusammenwirken mit dem inzwischen funktionierenden Eisenbahnverkehr eine Neuorganisation der Landpost in Kraft. Inzwischen kam es auch zu Beschwerden: Mit dem zunehmenden Bahnverkehr häufen sich die Beschwerden über die Unterschiede zwischen den örtlichen Uhren und den Uhren von den Bahnstationen, die oR erheblich voneinander abweichen. Es wurde festgestelft, dass dies darauf zurückzuführen ist, dass die örtlichen Kirchen oder Rathausuhren häufig nach ungenauen Sonnenuhren gestellt wurden.
  • 1872 Die großherzogliche Eisenbahndirektion meldet sich wieder und erklärt sich bereit, gegen eine Kostenbeteiligung der Petenten der Errichtung einer Güterstation in St. Ilgen näherzutreten. Die Gemeinde Leimen zahlt 400 Gulden, die Gewerbetreibenden, besonders die Zigarrenfabrikanten übemehmen 1.500 Gulden, die Gemeinde Sandhausen wird mit 600 Gulden zur Kasse gebeten.
  • 1909 Beim Bahnhof St. Ilgen wird die stählerne Bahnüberführung gebaut. Und am 20.12.2002 wird mit dem Abbau des "Steges" begonnen.

Zum Schluss sei noch zu erwähnen, dass die Bahn einen wesentlichen Anteil an der wirtschaftlichen Entwicklung des Ortes und der umliegenden Gemeinden hatte, sowohl als "Arbeitgeber" als auch hinsichtlich der Versorgung der gewerblichen Betriebe mit Rohmaterial als auch zum Abtransport der Fertigprodukte.

Man kann mit Fug und Recht feststellen: St. Ilgen wurde neben einem Ort der Zigarrenherstellung auch ein Eisenbahnerörtchen, wo viele Familienväter Arbeit fanden. Fast jede Familie stand in Zusammenhang mit der Bahn. Es waren damals ca. 100 Familien, deren Namen heute noch Bestandteil der "Diljemer" sind.

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde, ich komme nun zur Gegenwart und zum Schluss. Die beiden SPD-Ortsvereine Leimen und St. Ilgen haben Sie zum Bahnhofsfest eingeladen, um Ihnen das neue Verkehrsangebot näher zu bringen. Mit einer kleinen Fotoausstellung wollen wir in die Geschichte der Bahn und des Bahnhofes St. Ilgen zurückblicken. An dieser Stelle unseren herzlichen Dank allen, die dazu beigetragen haben, dass diese Ausstellung gelingt, indem Sie uns Leihgaben zur Verfügung gestellt haben. Ganz besonders bei:

  • Herrn OB a.D. Herbert Ehrbar und Herrn Ottoheinz Kothe, Stadtmuseum Leimen
  • Stadtrat Siegfried Mackert
  • Herrn Gerhard Sailer
  • Herrn Weiland
  • vielen weiteren Bürgerinnen und Bürgern
  • Verkehrsunternehmen BRN - HSB - VRN - URN
  • Hernr Richard Winter, Bahnhofsmanager von Heidelberg, der uns den Wartesaal unbürokratisch zur Vertügung stellte.

Ein ganz besonderer Wunsch - wir wünschen der S-Bahn für die Zukunft:

  • Pünktlichkeit
  • Zuverlässigkeit
  • und unfallfreie Fahrten

Zum Schluss mein Dank an Sie alle für Ihr Kommen. Ich lade Sie ein zu einem Umtrunk und zu einem kleinen Imbiss, der kostenlos angeboten wird. Sollten Sie dennoch eine kleine Spende geben möchten, bedanken wir uns recht herzlich. Der Erlös kommt der Aktion "Hilfe für Tobias" zu Gute.

Edgar Veit