Stellungnahme der SPD-Fraktion
zum Tagesordnungsantrag der CDU-Fraktion,
bestimmte TOP in der Sondersitzung des Gemeinderats am 18.7.2002 nicht zu behandeln

Karl-Heinz Wagner
in der Gemeinderatssitzung
am 18. Juli 2002


Die CDU-Fraktion stellt den Antrag die heute angesetzten Tagesordnungspunkte, die die Beanstandungen der Gemeindeprüfungsanstalt zum Thema haben, nicht zu behandeln. Als Begründung wird von der CDU ausgeführt, dass hierdurch in die Ermittlungsverfahren der Staatseanwaltschaft eingegriffen würde und solch ein Eingriff in ein schwebendes Verfahren sei rechtlich problematisch, ja sogar unzulässig. Hierzu ist folgendes klarzustellen.

Der Eingriff in ein schwebendes Verfahren ist gesetzlich nicht geregelt, das heißt, es gibt keine Rechtsnorm, die eindeutig definiert, welche Eingriffe zulässig und welche unzulässig sind. Schon aus diesem Grund ist die Zahl von Meinungen und auch Missverständnissen auf diesem Gebiet groß.

Ein direkter Eingriff liegt vor, wenn eine übergeordnete weisungsbefugte Stelle der ermittelnden Behörde konkrete Weisungen erteilt, etwa der Justizminister oder Generalstaatsanwalt dem ermittelnden Staatsanwalt. Diese Maßnahmen sind im Rahmen der Gesetze selbstverständlich zulässig.

Ein indirekter Eingriff liegt beispielsweise vor, wenn eine Persönlichkeit, die nicht weisungsbefugt ist, jedoch eine gewisse Autorität verkörpert, ungebeten Meinungen, Empfehlungen oder Ratschläge zu den Ermittlungen in der Erwartung äußert, dass damit der Ausgang des Verfahrens beeinflusst wird. Diese Art von Eingriff ist selbstverständlich unzulässig.

Besonders brisant ist der Konflikt zwischen dem Informationsanspruch der Öffentlichkeit einerseits und den Verfahrenszwecken und -zielen andererseits. Äußert sich etwa der unmittelbar befasste Amtsträger - Richter, Staatsanwalt - öffentlich in einer Weise zum Verfahren, die das Ermittlungsergebnis beeinträchtigen kann oder die Objektivität des Amtsträgers anzweifeln lässt, so handelt es sich ebenfalls um einen unzulässigen Eingriff in ein schwebendes Verfahren. Der Amtsträger ist in diesen Fällen also berechtigt und unter Umständen sogar verpflichtet, Informationen und Meinungen zurückzuhalten.

Insbesondere gilt aber der Grundsatz, dass gesetzmäßiges Verwaltungshandeln nicht als unzulässiger Eingriff in ein schwebendes Verfahren angesehen werden darf. Laufende Ermittlungen und Verfahren dürfen andere Staatsorgane nicht daran hindern, ihre nach Verfassung und Gesetz vorgesehenen Aufgaben zu erfüllen und Rechte wahrzunehmen, auch wenn einzelne Mitglieder der Staatsorgane unmittelbar betroffen sind.

Die Notwendigkeit, dass sich der Gemeinderat hier und jetzt mit der Tagesordnung befasst, ergibt sich aus zwei Gründen:

  • Gegenstand der Vorwürfe von Staatsanwaltschaft und GPA sind unter anderem, dass die Verwaltung in den untersuchten Fällen ohne Beschluss des Gemeinderates gehandelt hat, obwohl der Beschluss erforderlich gewesen wäre
  • Die GPA hat der Stadt auferlegt, die Beschlüsse bis zum 30.09.2002 nachzuholen.

Ist der Gemeinderat danach als Organ verpflichtet, sich mit den einzelnen Punkten zu befassen, so dürfen sich die einzelnen StadträtInnen bei der Entscheidung nur an ihren Amtspflichten orientieren,

  • die Rechte der Stadt gewissenhaft zu wahren und
  • das Wohl der Stadt und das ihrer Einwohner nach Kräften zu fördern

Für StadträtInnen, die direkte Betroffene der Ermittlungen sind, ist der Interessenkonflikt greifbar. Sie gelten als befangen im Sinne von § 18 GemO. Die nicht unmittelbar betroffenen StadträtInnen dürfen grundsätzlich keine Rücksicht darauf nehmen, wie sich ihre Entscheidung auf das laufende Ermittlungsverfahren auswirkt.