Stellungnahme
zum Bebauungsplan "Stadtkernsanierung Teilbereich 2"

Wolfgang Krauth
in der Gemeinderatssitzung
am 27.Januar 2000


Über die Aufstellung eines neuen Bebauungsplans in diesem Bereich sollten wir nicht beraten, ohne zuvor die Frage zu stellen, wer für die jetzige peinlichen Situation die Verantwortung trägt.

Viele Bürger sind in der letzten Zeit auf mich und Kollegen dieses Gremiums zugekommen und haben ihren Unmut über den Umstand ausgedrückt, daß eine neue Strasse mitten in Leimen nicht befahren werden kann.

Warum nicht?

Der Verwaltungsgerichtshof B.-W. hat den bisherigen Bebauungsplan für nichtig erklärt. Die Strasse wurde ohne rechtlichen Grund gebaut, denn der alte Plan, den der Gemeinderat Ende Juli 1998 beschlossen hat, beruhte lt. Urteil auf nicht ordnungsgemäßen Abwägungen und verstößt gegen höherrangiges Recht. Auf Seite 13 des Urteils wird dem Gemeinderat vorgeworfen, er habe das Abwägungsmaterial unzureichend zusammengestellt und fehlerhaft gewichtet:

Fast wäre die Sache ja schon daran gescheitert, dass aus dem Protokoll nicht zu entnehmen war, ob ein befangener Stadtrat den Sitzungsraum verlassen hatte. Nur eine handschriftliche Protokollnotiz des OB konnte hier helfen. Was wieder die Frage rechtfertigt: Sollten unsere Protokolle nicht kürzer sein, aber dafür vollständig?

Von Bedeutung für die fehlerhafte Abwägung war folgendes:

  • Es wurde nicht ermittelt, welchen Luftschadstoffen das Anwesen der Kläger ausgesetzt sein würde.
  • Die hohe Lärmbelästigung wurde nicht ausreichend berücksichtig, u. a. weil das Gebiet als Kerngebiet angesehen wurde und nicht als allgemeines Wohngebiet. Auch wurden nicht alle möglichen Lärmschutzmaßnahmen ergriffen bzw. berücksichtigt.
  • In diesem Zusammenhang wird besonders gerügt, dass der Gemeinderat nicht die widerstreitenden Interessen der Kläger mit denen der gegenüberliegenden Grundstückseigentümer, einer davon ist Mitglied unseres Gremiums, gerecht abgewogen hat. Kurz gesagt: Wir haben den Klägern wesentlich mehr Lärm zugemutet als nötig, wenn man vielleicht die Enteignung des Teil-Grundstücks gegenüber in Betracht gezogen hätte, an dessen Erwerb die ursprüngliche Trassenführung - etliche Meter mehr von der Wohnung der Kläger entfernt - scheiterte. Zuviel Rücksicht auf den einen, zu wenig auf den anderen also!

Nach außen und rechtlich gesehen ist der Gemeinderat an der jetzigen Situation schuld.

Doch dies will und kann ich so nicht hinnehmen: Der Gemeinderat kann nur das abwägen, was man ihm auch zur Kenntnis bringt. Wenn die Vorlagen der haupt- (und nicht ehren-) amtlich tätigen Verwaltung nur einen Teil des Sachverhaltes wiedergeben und gar nicht alle Möglichkeiten (z. B. Enteignung) aufzeigen, so kann der GR auch keine gerechte Abwägung treffen.

Obwohl ich dem rechtswidrigen Bebauungsplan nicht zugestimmt habe, möchte ich mich hier in aller Öffentlichkeit dagegen verwehren, dass den Gemeinderat an dem gescheiterten Bebauungsplan eine Schuld trifft.

Es ist die Aufgabe des Oberbürgermeisters Stellung zu nehmen, wer verantwortlich ist und ggf. auch personelle Konsequenzen zu ziehen.