Leserbrief von Hans-Henning Mohring
zur Absage der Klausurfahrt des Gemeinderats
Hans-Henning Mohring
An die Redaktion der Rhein-Neckar-Zeitung Eine gute Gelegenheit ist vertan! Sehr geehrte Damen und Herren, Leimens neuem Oberbürgermeister Wolfgang Ernst schlugen nach seiner Wahl Wellen der Sympathie entgegen aus allen Kreisen der Bevölkerung. Seine bisherigen öffentlichen Auftritte machten ihn zum Hoffnungsträger bei Politikmüden. Die Rathausbelegschaft folgt gerne und willig seinem neuen Führungsstil. Seine Eröffnungsbilanz nach Amtsantritt aber sieht düster aus: Hohe Ausgabenverpflichtungen bei sinkenden Einnahmen; die bebaubaren Grundstücke der Stadt sind verkauft; jüngst abgeschlossene Vorhaben, wie Mauritiushaus und Sportplatz wurden teurer als veranschlagt; die Rathausstraße 1, die Bruckersche Mühle und das "Adler"-Areal finden derzeit keine Käufer;die bereits angefangenen Vorhaben abzuschließen, kostet Geld, das nicht vorhanden ist. Durch die zurückliegenden (Gemeinderats- und OB-) Wahlkämpfe ist ein enormer Entscheidungsstau entstanden, den abzubauen die Diskussionsfreude im Gemeinderat nicht gerade fördert. Da griff Wolfgang Ernst auf einen alten Gemeinderatsbeschluß von 1996 zurück: Gemeinderat und Verwaltung sollten ein langes Wochenende lang an einem abgelegenen Ort, wo kein Anreiz besteht, sich wegen anderweitiger "Verpflichtungen" abzusetzen, in intensiven Beratungen einen gemeinsamen Weg finden, wie die aufgestauten Probleme zu lösen sind. 1996 verhinderten Auswirkungen der sogenannten "Dienstwagenaffäre" die Verwirklichung der guten Absichten und verursachten DM 5.700,- Stornokosten. Jetzt, für die nach langen Beratungen auf 3. bis 5. November 2000 terminierte Klausurtagung meldeten sich 29 Gemeinderäte an, davon 13 aus der CDU/Bürgerblockfraktion. Alle wurden gebeten, für diese Tagung auf ihre anfallenden Sitzungsgelder zu verzichten, wozu zumindest die Mandatsträger von SPD und GALL bereit waren. Weil im Odenwald und der Pfalz so kurzfristig keine Tagungsstätte mehr zu finden war, wurde in einem abgelegenen Ort in Hohenlohe - Franken gebucht. Sodann entschloss sich die CDU/Bürgerblock-Fraktion, ohne die es im Gemeinderat keine Mehrheit geben kann, dem OB und den übrigen Gemeinderäten per "Pressemitteilung" in der RNZ mitzuteilen, daß sie "aus Sparsamkeitsgründen" ihre Teilnahme, also die Teilnahme der Mehrheitsfraktion, absagt. Für diese anscheinend für jetzt notwendig gehaltene Machtdemonstration hätte sich die CDU/Bürgerblock-Fraktion eine klügere Begründung einfallen lassen sollen. Sie haben doch genügend Männer in ihren Reihen, die den Unterschied zwischen nur konsumwirtschaftlich wirkenden Geldausgaben und rentierlichen Investitionen schon von Berufs wegen kennen. Auch hätte, wer nun den Gemeinderat so zum Sparen anhalten will, vielleicht in den vergangenen Jahren auch bei Entscheidungen über die Aufwandsentschädigungen und die Reisekosten bei Besuchen in Partnerstädten nicht alle Versuche anderer Fraktionen, dort Kosten zu sparen, zusammen mit dem früheren OB abblocken sollen. Und wenn nun die schlechte finanzielle Lage der Stadt selbst von der CDU akzeptiert wird, dann sollte man doch bitte nicht so tun, als habe nur der frühere OB die Stadt in diese Lage gebracht. Schließlich ist in der Vergangenheit gerade die größte Fraktion im Gemeinderat fast stets seinen Vorschlägen gefolgt. Die SPD-Fraktion nimmt die von der größten Fraktion erzwungene Absage der Klausurtagung mit äußerstem Befremden zur Kenntnis. Um die hierdurch entstehenden Stornokosten zu decken, müßten CDU/Bürgerblock-Mandatsträger für viele Sitzungen in Leimen auf ihre Sitzungspauschale verzichten. Gerade diese Fraktion will ja sonst immer Kosten verursachungsgerecht verteilen, auch wenn die Sozialverträglichkeit darunter leidet. Für die Klausurfahrt waren ja auch von Oberbürgermeister Ernst sehr sozialverträgliche Finanzierungsvorschläge gemacht worden, und er hat auch noch eine volle Woche mit der Mehrheitsfraktion "nachverhandelt" und die anderen dringend um Zurückhaltung mit Reaktionen auf die Machtdemonstration der größten Fraktion gebeten. Er hat "goldene Brücken" gebaut, die ein gesichtswahrendes Einlenken ermöglicht hätten. Alle diese Einsparungsvorschläge (z.B. bei den Jahresabschlußsitzungen) abzulehnen und erneut hohe Stornokosten zu verursachen, zeigt den wahren Willen dieser Fraktion zur Sparsamkeit; hier war sie wohl nicht gerade gut beraten, meint die SPD-Gemeinderatsfraktion.
Hans-Henning Mohring |