Stellungnahme der SPD-Fraktion
zum Haushaltsplan 2000

Dr. Peter Sandner
in der Gemeinderatssitzung
am 27. Januar 2000


Der Haushaltsplan der Gemeinde und die Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe für das Jahr 2000 sollen heute nach den Vorberatungen in den Fraktionen und im Verwaltungsausschuss vom Gemeinderat verabschiedet werden. Zunächst gilt allen an der Aufstellung des Entwurfs Beteiligten der Dank unserer Fraktion. Den Mitarbeiter der einzelnen Ämter und Betriebe, welche die Anforderungen aus ihrem Zuständigkeitsbereich für die Aufstellung des Entwurfs lieferten, und den Mitarbeiter der Kämmerei, die diese Anforderungen im vorliegenden Entwurf zusammenfassten.

Über viele Jahre, in denen ich als Gemeinderat dies genauer verfolgte, bot immer wieder der späte Zeitpunkt der Verabschiedung - oft erst im April - des Haushalts Anlass zur Kritik. Daher steht heute am Beginn ein Lob an die Verwaltung, dass sie sich in diesem Jahr der Sollvorschrift der GemO, der "Vorherigkeit" des Haushaltsplanes, beträchtlich annäherte. Damit ist die Verwaltung in der Lage, den Plan fast für das gesamte Jahr, und nicht nur für einen Teil des Jahres als das zu nehmen, was er sein soll, nämlich als Vorgabe für ihr Handeln.

Wie bereits in den letzten Jahren wurde der Entwurf in zwei Durchgängen im Verwaltungsausschuss beraten. Dadurch hatten alle Fraktionen die Gelegenheit, ihre eigenen Vorstellungen einzubringen. Wir würden uns für die Zukunft wünschen, dass zwischen den Vorberatungen und der Gemeinderatssitzung den Fraktionen mehr Zeit für Beratung bliebe, z.B. für eigene Anträge.

Dieses Jahr hat unsere Fraktion keine Anträge für zusätzliche Ausgaben gestellt, sondern sich darum bemüht, auch von uns selbst als sinnvoll erachtete Investitionen und Ausgaben darauf hin zu untersuchen, ob sie nicht verschoben bzw. gekürzt werden können. Diese Entscheidung fiel vor dem Hintergrund, dass uns die finanzielle Situation der Stadt in diesem Jahr als sehr bedenklich erscheint und uns nicht dazu ermuntert, zusätzliche Ausgaben zu fordern.

Weshalb sehen wir die finanzielle Situation als so bedenklich an?

In diesem Jahr muss im Haushaltsplan eine Zuführungsrate vom Vermögenshaushalt in den Verwaltungshaushalt veranschlagt werden. Für die Zuhörer, die vielleicht nicht täglich mit diesen Begriffen umgehen: Dies bedeutet, dass wir aus den Einnahmen, die eigentlich für langfristige Investitionen gedacht sind, einen nicht unerheblichen Anteil nehmen müssen, um den laufende Ausgaben im sog. Verwaltungshaushalt gerecht zu werden.

Normalerweise sollen aus dem laufenden Haushalt Mittel erwirtschaftet werden, die dem Vermögenshaushalt zugeführt werden, um Investitionen tätigen zu können. In der GemHVO ist hierfür sogar eine Mindestsatz, die sog. Pflichtzuführung, definiert. Der umgekehrte Fall, wie er bei uns nun eintritt, sollte immer ein Alarmzeichen sein. Ihn auf Dauer akzeptieren hieße, den finanziellen Ruin der Stadt in Kauf nehmen.

Daher ist die Frage angebracht, ob die diesjährige Situation nur ein einmaliger Fall ist. Nach der fünfjährigen Finanzplanung der Stadt ist es so. Nur wurde die fünfjährige Finanzplanung in der Vergangenheit selbst von Verwaltungsseite immer wieder ob der Unsicherheit der Entwicklung relativiert. Und wenn wir die Planung dann mit der Realität vergleichen, so können wir ihr nur schwer eine tiefere Bedeutung als die einer Erklärung der guten Absichten beimessen.

Der Verweis darauf, dass in der Vergangenheit die tatsächlichen Resultate der Jahresrechnung stets positiver ausgefallen seien als die Ansätze im Haushaltsplan, sollte uns nicht veranlassen zu sagen, es ist alles nicht so schlimm und wird am Ende korrigiert. Es ist in den letzten zehn Jahren erstmalig, dass ein Zuführungsrate mit "falscher Richtung" schon im Haushaltsplan veranschlagt werden muss. Und nach unserer Auffassung wird sie am Ende der Jahresrechnung vielleicht gemindert, aber nicht in eine Zuführung mit der "richtigen Richtung" verändert werden können.

Wenn der Vermögenshaushalt durch diese Zuführung an den Verwaltungshaushalt so bluten muss, stellt sich die Frage, ob wir ihn nicht anderweitig stützen oder entlasten können. Die Alternative, Baumaßnahmen drastisch herunterfahren (wie z.B. in den Jahren 1996 und 1997) scheidet aus. Wir können zwar einige ursprünglich geplante Maßnahmen verschieben; die großen Investitionsobjekte können nicht verschoben werden können, wenn nicht wichtige Ziele im Schulbereich oder in der Stadtkernbelebung unverantwortlich lange verzögert werden sollen. Auch die Alternative, weitaus höhere Erlöse aus Grundstücksverkäufen wie in den Jahren 1993 und 1994 heranzuziehen, scheidet aus.

Bleibt also nur, Mittel der Rücklage zu entnehmen und auch Kredite aufzunehmen. Ein Glück, dass in früheren Jahren Rücklagen gebildet werden konnten, so in den Jahren 1977 und 1998 z.B. 5,7 Mio. DM in die Rücklagen eingestellt wurden. Die Rücklagen-Entnahme und Kredit-Aufnahme sollte aber zeitlich eng beschränkt sein - die fünfjährige Finanzplanung, die dies nur für dieses eine Jahr 2000 vorsieht, sollte zumindest soweit ernst genommen werden. Auch sollten die schon im Verwaltungsentwurf geplante Aufnahme von Krediten von 7,8 Mio. DM und Entnahme von Rücklagen von 7,5 Mio. DM auf keinen Fall ausgeweitet werden.

Nach Auffassung unserer Fraktion besteht daher der Zwang, nicht nur im Verwaltungshaushalt nach Einsparungen, sondern auch im Vermögenshaushalt nach Verschiebungen zu suchen. Diesen unangenehmen Zwang sehen wahrscheinlich alle Fraktionen. Um ein Bild des ersten Bürgermeisters Sauerzapf zu gebrauchen, das Schiff "Stadt Leimen" befindet sich in sehr rauer See und wir finden hoffentlich schnell durch gemeinsame Anstrengungen einen Kurs in ruhige Gewässer.

Schon in früheren Haushaltsreden haben wir konkrete Vorschläge unterbreitet, was der Gemeinderat in Leimen zunächst analysieren sollte und danach unternehmen könnte, um unseren Vermögenshaushalt und Verwaltungshaushalt strukturell zu verbessern. Ehe ich auf diese Vorschläge zu sprechen komme, kurz einige Anmerkungen zu den Zahlen des vorgelegten Haushaltentwurfs.

Die Gesamtsumme des Haushalts entspricht ungefähr dem Ansatz des letzten Jahres und auch dem Ergebnis von 1998:

  • 99 Mio. DM (100 Mio. 1999 / 103,4 Mio. DM 1998)

Zum Vermögenshaushalt:

Im Vermögenshaushalt stehen 24,5 Mio. DM (23,5 Mio. DM 1999 / 19,2 Mio. DM 1998).

Für Baumaßnahmen waren im ursprünglichen Verwaltungsentwurf 12,8 Mio. DM veranschlagt:

  • Was den Umbau GHS Leimen und Bau der Steinberghalle anbelangt, so halten wir diese beiden geplanten Maßnahmen nicht nur für sinnvoll, sondern auch ihre zügige Durchführung zur Verbesserung der Schulsituation und zur Entwicklung des Stadtkerns für unabdingbar. Dass auch mit dem Ausbau der Turmstrasse weitergeführt werden muss, versteht sich ebenfalls unter der Prämisse, die Sanierung und Belebung des Stadtkerns voran zu treiben.
  • Die Renovierung des Thiele-Winkler-Kindergartens in Leimen finden wir förderungswürdig, wie die Unterstützung von Bauvorhaben in anderen Kindergärten in den vergangenen Jahren. Und auch die Umbaumaßnahmen zur Erhaltung des Gasthofes Adler in St. Ilgen werden von uns nachhaltig unterstützt.
  • Bei der Feuerwehr sollten - da ein Neubau in Leimen nicht sofort in Angriff genommen werden kann - die überfällige Maßnahme zur Verbesserung der Unterbringung in St. Ilgen endlich realisiert werden. Da die Unterbringung der Wehr in Gauangelloch völlig unabhängig vom Neubau in Leimen ist, ist deren sachgerechte Unterbringung überfällig.
  • Die Unterführung an der Karlsruherstrasse und die Erschließung im Baugebiet Bahnhof II sollten zügig fortgeführt werden.

Unter dem schon erwähnten Zwang, einige ursprünglich im Verwaltungsentwurf eingeplante oder in Anträgen von Fraktionen gewünschte Projekte zeitlich zu verschieben, um Kreditaufnahme oder Rücklagenentnahme nicht ausweiten zu müssen, stellt sich die Frage, bei welchen die geringsten negativen Folgen zu erwarten sind?

Nach unserer Auffassung sind dies zumindest in Teilen:
     -   Umbau des Fabrikgebäudes "Hellinger"
     -   Bau des Vereinsheims für DLRG, DRK
     -   Erwerb des Geländes für den 3. Sportplatz in St. Ilgen
     -   Herstellung der Zufahrtsstrasse zum neuen Bauhof
     -   Renovierung des Menzer-Parks

Weitere kurzfristige und sogar langfristige Verschiebungen erwarten wir auch für zukünftige Haushalte. Wir alle wissen um die Schwierigkeiten, die finanziellen Rahmenbedingungen zu prognostizieren. Um so dringender ist eine Gesamtplanung, die Prioritäten setzt. Zwar sind alle Maßnahmen, die aus Sicht der Verwaltung realisiert werden sollten, im Schauplan an der Wand uns gegenüber aufgeführt. Dennoch enthebt diese Aufzählung den Gemeinderat nicht von der Aufgabe, die Projekte nochmals zu überdenken und sich auf eine Reihenfolge für die Realisierung der Projekte zu einigen. Nach unserer Meinung muss diese Diskussion in diesem Jahr vor Aufstellung des nächsten Haushalts geführt werden - am besten in einer Klausurtagung des Gemeinderats.

Zum Verwaltungshaushalt:

Im Verwaltungshaushalt stehen 74,5 Mio. DM (76,6 Mio. DM 1999 / 84,2 Mio. DM 1998)

  • Die Personalkosten sind anscheinend zurückgegangen, auf 16,8 Mio. DM verglichen mit 18,7 Mio. DM im Ergebnis für 1998. Doch wurde der Bauhof in die Technischen Betriebe ausgegliedert, sodass wir nach wie vor wohl den Stand der beiden Vorjahre haben.
  • Der sächliche Verwaltungs- und Betriebsaufwand, das sind also die laufenden Kosten für Unterhaltung und Bewirtschaftung von Grundstücken und Gebäuden sind mit 26,6 Mio. DM veranschlagt, verglichen mit 29,3 Mio. DM 1998. Der Vergleich mit den Vorjahren gestaltet sich schwierig, da sich die Ausgliederung der Technischen Betriebe dadurch bemerkbar macht, dass die Ausgaben für die Leistungen der Betriebe nicht mehr unter den inneren Verrechnungen zu finden sind.
  • Die Steuern und Zuweisungen betragen ca. 43 Mio. DM, 10 Mio. DM weniger als im Ergebnis 1998. Die Gewerbesteuer ist konservativ veranschlagt und kommt kaum in die Höhe von 1998. Die Schlüsselzuweisungen des Landes sinken gegenüber 1998 um 7 Mio. DM, die Umlagen an Land und Gemeindeverbände steigen um 5 Mio. DM.

Die Gründe für die Schwäche im Verwaltungshaushalt liegen damit offen: Die laufenden Ausgaben und Umlagen haben ein hohes Niveau erreicht. Gleichzeitig sind die Einnahmen aus Steuern und Zuweisungen auf ein niedriges Niveau abgesunken. Wenn man alles bilanziert, sieht man, dass der Verwaltungshaushalt keine Überschüsse erwirtschaftet, sondern im Gegenteil bezuschusst werden muss.

Und damit stellt sich die Frage, ob und wo Einsparungen möglich sind. Und diese Frage stellt sich auch nicht nur für diese Jahr. Wir wollen es uns nicht leicht machen und einfach Anträge mit hoher Publicitywirkung stellen, wie z.B. pauschal Personalkosten und Betriebsausgaben um einen prozentualen Anteil sperren.

Ich wage es kaum nochmals zu sagen: Eine Reduzierung der Personalkosten kann nur erreicht werden, wenn alle Verwaltungsverfahren geprüft und aufwendige Verfahren vereinfacht und überflüssige Vorschriften ausgesondert werden. Dass dabei die "Kunden-Orientierung " nicht über Bord gehen darf, sondern ihr ein besonderes Augenmerk gelten muss, versteht sich eigentlich von selbst.

Und auch alle freiwilligen Leistungen müssen mit ihren Auswirkungen auf den Personalbedarf geprüft werden. Hier reicht uns der Verweis auf eine pauschale Zusammenstellung der freiwilligen Leistungen und die rhetorische Frage, ob unsere Fraktion wirklich die freiwilligen Leistungen wie VZP oder VSM insgesamt streichen will, nicht aus. Diese Thema sollten wir sachlich und unvoreingenommen im Detail angehen.

Auch die freiwillige Zuschüsse bei den laufende und investiven Ausgaben dürfen kein Tabu sein und von vornherein von jeder Kürzung ausgenommen werden. Alle Fraktionen haben wiederholt gesagt, sie seien sich im Grundsatz der Notwendigkeit bewusst. Wir sollten jetzt konkrete Maßnahmen diskutieren, die zwar auch noch aber nicht allein dieses angespannten Haushaltsjahr betreffen.

Eine Reduzierung von laufenden Kosten für Unterhalt und Bewirtschaftung wurde schon in vergangenen Haushalten in die Wege geleitet. Hier sind auch diese Jahr Anstrengungen zur Einsparungen zu verzeichnen, obwohl wie schon gesagt der Vergleich schwierig ist. Die Reduzierung der Kosten muss konsequent weiter angestrebt werden, so z.B. durch Sanierung von Gebäuden und Strassen. Wir denken z.B. an unser Rathaus, wo eine Sanierung der Fenster mit entsprechende Einsparungen bei Heizkosten nun schon jahrelang vor uns herschieben. Auch hier sollte die Verwaltung alle von ihr als notwendig erachtete Objekte zusammenstellen, wir sollten Prioritäten definieren.

Eine Möglichkeit, bei den laufenden Unterhaltskosten für mehr Kostenbewusstsein bei den veranlassenden Stellen und für mehr Effizienz bei den durchführenden Stellen zu sorgen, ist die Umwandlung des bisherigen Stadtwerksbereichs zum Eigenbetrieb Technische Betriebe. Unsere Fraktion hatte diese Umwandlung angeregt und wir begrüßen daher die Umsetzung unserer Anregung. Dass es beim Termin für die Einrichtung des neuen Eigenbetriebs zu Diskussionen kam, lag nicht an grundsätzlichen Fragen, sondern an personellen Randbedingungen, die unseres Erachtens nach klarer zu lösen gewesen wären.

Zum Schluss ein Wort zu Spenden. Keine Angst, ich will jetzt nicht auf Spenden in den hohen Ebenen eingehen, die uns alle momentan nachdenklich stimmen. Unsere Überlegung beruht auf dem lokalen Fall in einer Nachbargemeinde. Wir schlagen vor, im Rechenschaftsbericht zukünftig ein Nachweis über jede Spende einer natürlichen oder juristischen Person an die Stadt mit Verwendungszweck aufzunehmen.

Unsere Zustimmung zum Haushalt und den Wirtschaftsplänen

Insgesamt ist der Haushaltsplan nach unserer Auffassung in diesem Jahr mit vielen Risiken verbunden. Die Kreditaufnahme hätte ein Grund sein können, ihn abzulehnen - dann hätte man allerdings auch auf Stadtkernsanierung und Schulhausbau in Leimen-Mitte verzichten müssen. Daher stimmen wir mit Bedenken dem Haushalt zu. Die Bedenken erwachsen daraus, dass wir nicht erkennen können, wann das langfristige Ziel der strukturellen Sanierung des Verwaltungshaushalts angegangen werden soll. Hier ist der Konsens aller Fraktionen gefragt und erste konkrete Schritte sollten schon im diesjährigen Haushaltsvollzug erreichbar sein.

Dem Wirtschaftsplan der Eigenbetriebe Wasser, Abwasser und Technische Betriebe stimmen wir uneingeschränkt zu. Hierbei sehen wir trotz der getätigten Investitionen für Kanalsanierung und des dadurch entstehenden hohen Verlustes gegenwärtig beim Abwasser noch keine Notwendigkeit zur Gebührendiskussion. Beim Wasser, wo ein Jahresgewinn ausgewiesen ist, natürlich ebenfalls nicht. Den Technischen Betrieben, die erstmalig einen eigenen Wirtschaftsplan aufstellen mussten, der durch den fehlenden direkten Vergleich mit Plänen und insbesondere Ergebnissen der Vorjahre mit besonderen Unwägbarkeiten behaftet ist, wünschen wir, dass sich der Wirtschaftsplanplan ohne allzu große Probleme umsetzen lässt und wie geplant zu einem Ergebnis ohne Verluste führt.