SPD-Ortsvereine Leimen und St.Ilgen "Ist unsere Gesundheit noch bezahlbar?" Veranstaltung mit Herbert Weisbrod-Frey Am 26.2.10 führten die SPD Ortsvereine Leimen und St. Ilgen eine Veranstaltung zum Thema “Ist unsere Gesundheit noch bezahlbar?“ durch. Referent war der Leiter des Bereichs Gesundheitspolitik beim ver.di Bundesvorstand Herbert Weisbrod–Frey. Dieser zeigte den Anwesenden anhand von Zahlen des statistischen Bundesamtes, dass die Behauptung, die Gesundheitskosten würden explodieren, falsch ist. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt sind sie seit 1996 fast unverändert. Auch der demografische Wandel spielt kaum eine Rolle im Gesundheitswesen. Dass die Kassen leer sind liegt zum Großteil daran, dass die Kosten der Wiedervereinigung nicht durch Steuern sondern aus den Sozialkassen finanziert werden. Danach ging er auf die Zusatzbeiträge ein. Weil der Gesundheitsfonds nur 95 % der Kosten abdeckte und die Kosten für Ärzte , Krankenhäuser und Medikamente gestiegen sind, wurde bereits im Oktober 2009 vom Schätzkreis ein Fehlbetrag von 7,5 Mrd. Euro prognostiziert. Da der Arbeitgeberanteil fest bleiben sollte, wurde für diesen Fehlbetrag ein Staatszuschuss von 3,9 Mrd. Euro an die Kassen gegeben. Die verbleibende Lücke muss nun mit dem Zusatzbeitrag geschlossen werden. 8 Euro werden erhoben, weil bis zu diesem Betrag eine Einkommensprüfung entfällt. Trotzdem müssen die Kassen nun für jede/n Versicherte/n ein Konto eröffnen. Dies hat zur Folge, dass die Hälfte des Zusatzbeitrages für Verwaltungskosten verbraten wird. Gewollter Nebeneffekt ist, dass die Konten, die bei Einführung der Kopfpauschale gebraucht werden und die der Staat finanzieren müsste, bereits vorhanden sind. Den Zusatzbeitrag hätte die Bundesregierung verhindern können, wenn sie eine Beitragserhöhung beschlossen hätte. Dann wäre aber auch der Arbeitgeberanteil gestiegen. Das die Kassen zu hohe Verwaltungskosten haben ist auch ein Märchen. Sie geben etwa 5-6 % der Einnahmen dafür aus. Zum Vergleich: Bei den Privatkassen ist es ungefähr dreimal so viel. Die Senkung des Krankenkassenbeitrages um 5 % würde die Arbeitskosten um 60 Cent oder ca. 1,5 % verringern. Diese Berechnung basiert auf Zahlen von 2004. Die Einführung der einkommensunabhängigen Gesundheitsprämie ist ein unumkehrbarer Systemwechsel. Er vernichtet den Gedanken der solidarischen Finanzierung. Es ist nicht sozial und gerecht, wenn die teilzeitbeschäftigte Kassiererin im Supermarkt den gleichen Krankenkassenbeitrag zahlt, wie der Eigentümer der Supermarktkette. Außerdem ist nirgendwo erwähnt, wer die Beiträge der Kinder und des eventuell nicht berufstätigen Elternteils – die in der gesetzlichen Krankenversichrung mitversichert sind – bezahlt. Der Sozialausgleich würde nach Berechnung seriöser Wirtschaftsinstitute zwischen 22 und 35 MRD Euro kosten. Legt man die Zahlen der Schweiz zu Grunde sogar 40 Mrd.. Woher dieses Geld kommen soll hat noch niemand verraten. Möglicherweise über eine weitere 4 %ige Mehrwertsteuererhöhung? Toller Nebeneffekt: Die, die jetzt schon wenig Geld haben und ihr Geld ausgeben müssen, finanzieren über die Mehrwertsteuererhöhung den Sozialfonds gleich selbst. Weisbrod – Frey ging noch auf weitere negative Aspekte der Kopfpauschale ein. Einziger Sinn und Zweck der ganzen sogenannten Reform ist, die Kosten der Gesundheitsvorsorge den Arbeitnehmer/innen aufzubürden und die Zusatzversicherungen auszubauen, was zwangsläufig den verstärkten Wechsel in die Privatkassen zur Folge hat. Damit werden die geringen Risiken an denen Geld zu verdienen ist privatisiert und die kostenintensiven schlechten Risiken werden sozialisiert – also von uns über Steuern bezahlt. Die Anwesend waren einhellig der Meinung, dass dies verhindert werden muss. Dazu gibt es im Internet unter Campact.de eine Unterschriftsliste. Sie können sich aber auch bei den Gewerkschaften in solche Listen eintragen. Der Leimener SPD-Vorsitzende Hartwig Wätjen dankte im Namen der Ortsvereine und aller Anwesenden Herbert Weisbrod-Frey für den anschaulichen Vortrag und die ausführliche und kompetente Beantwortung der vielen Fragen. Michael Kaestel |