SPD Gemeinderatsfraktion Leimen

Matinee zum Jahrestag des Mauerfalls in der Fritz-Zugck-Halle


Die SPD-Fraktion des Gemeinderates sowie die beiden SPD-Ortsvereine Leimen und St.Ilgen hatten zu einer Matinee aus Anlass des 20-jährigen Jubiläums des Mauerfalles eingeladen. Fraktionssprecher Dr. Sandner konnte neben Leimener Bürgern, unter ihnen OB Wolfgang Ernst und Ehefrau Iris sowie Bürgermeister Bruno Sauerzapf, und einigen auswärtigen Besuchern die drei Referenten, den Wahlkreis-Abgeordneten a.D. Gert Weisskirchen, den Journalisten Karl Heinz Baum sowie den Abgeordneten Stephan Hilsberg begrüßen. Sandner sprach die besondere Bedeutung des 9. November für die Deutsche Geschichte an, beginnend mit der Hinrichtung des bekennenden Demokraten Robert Blum 1848, dann 1918 mit der Ausrufung der Republik, Reichsprogromnacht 1938 und schließlich Maueröffnung 1989.

Weisskirchen betonte, dass die Maueröffnung der Höhepunkt einer Entwicklung war, die in Polen mit der Zulassung der Gewerkschaft Solidarnosc begonnen, sich in Ungarn mit der Öffnung der Grenze zu Österreich, in der Tschechoslowakei mit der Ausreise der Botschaftsflüchtlinge und in Leipzig mit den Montagsdemonstrationen fortgesetzt hatte und der die SED-Führung isoliert und fast hilflos gegenüberstand, der als einzige Reaktionsmöglichkeit nur die Gewaltanwendung blieb, auf die dann aber bei den letzten großen Demonstrationen verzichtet wurde.

Karl-Heinz Baum war in den 80er Jahren Korrespondent der „Frankfurter Rundschau“ in Ostberlin. Er erinnert sich, dass auf das SED-Dogma, die Berliner Mauer sei „tragende Wand des europäischen Hauses“, Friedrich Schorlemmer, Pfarrer aus Wittenberg, im Juni 1989 mit der Bemerkung konterte „auf eine so brüchige Wand würde ich mein Haus nicht bauen, Beton bröckelt von innen“. Baum war als Journalist in der Pressekonferenz anwesend, als Günter Schabowski am 9. November für alle Beteiligte überraschend die „sofortige“ Gültigkeit des neuen Reiserechts verkündete.


Stephan Hilsberg

Stephan Hilsberg stammt aus einer alten Brandenburger Pfarrersfamilie. Seitdem er als 12-Jähriger den Einmarsch der Sowjets in die Tschechoslowakei erlebte, wurde sein weiterer Lebensweg durch die Suche nach Freiheit geprägt. Er wohnte in der Albrechtstraße in Ostberlin und damit unweit der Mauer, und schloss sich 1988 der kirchlichen Friedensbewegung an. Eines seiner Leitmotive ist: „Wenn du etwas verändern willst, frage niemanden, ob du das darfst, mach es.“ Er wollte keine Weltgeschichte schreiben, sondern Menschen, die etwas verändern wollten, Mut machen. Er erkannte, dass die DDR unter der Führung der SED weder eine wirtschaftliche noch menschliche Zukunft hatte, dass es aber – anders als in anderen sozialistischen Ländern – bis 1989 keine Opposition gab, vielleicht, weil sich die Bürger in der DDR nicht als Nation begriffen.

Hilsberg wurde erster Sprecher der im Oktober 1989 gegründeten Sozialdemokratischen Partei SDP, die sich schnell als echte Opposition etablierte, die Demokratie und Selbstbestimmung für die Menschen versprach. Man nannte sich „Freunde“ denn der „Genosse“ war negativ besetzt. An der Demonstration am 4. November auf dem Alexanderplatz konnte er wegen eines Unfalles nicht teilnehmen, war aber in der Nacht vom 9. auf 10. November auf der Straße.

Nach dem Mauerfall stand man vor der Aufgabe, einen freiheitlichen sozialistischen Staat zu etablieren, sah sich aber Menschen gegenüber, die sich ausschließlich nach Westen orientierten und die Einheit wollten. Damit hatte, so Hilsberg, „die Revolution ihren Zauber verloren“.

Hilsberg ist seit 3. Oktober 1990 Mitglied der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag. Er sieht die SPD dann stark, wenn sie den Menschen hilft, zu sich selbst zu finden.

Dr. Sandner dankte den Rednern für ihre Beiträge und erteilte dann noch den beiden Ortsvereinsvorsitzenden das Wort, die die 33-jährige Amtszeit von Gert Weisskirchen in Bonn und Berlin für die Menschen im Wahlkreis würdigten. Hartwig Wätjen dankte für die regelmäßige Teilnahme des Abgeordneten an örtlichen Veranstaltungen, wünschte sich, Weisskirchen auch künftig in Leimen zu sehen und überreichte einen Gutschein eines örtlichen Cafés. Karl-Heinz Wagner sprach die außenpolitischen Aktivitäten von Weisskirchen an und überreichte einen Reiseführer durch die baltischen Länder, die bis 1990 noch zum Sowjetimperium gehörten und jetzt souveräne Staaten in der EU sind.

Mit interessanten Gesprächen bei Sekt und Orangensaft klang die Matinee aus.


Stephan Hilsberg im Gespräch


Karl-Heinz Baum im Gespräch


Karl-Heinz Wagner