SPD-Ortsverein St. Ilgen

Beabsichtigte Schließung des Postamtes in St. Ilgen
Offener Brief an die Deutsche Post AG



H.-P. Siefert, E. Veit, K.-H. Wagner und B. Balzer (v.l.n.r) geben im Postamt St. Ilgen den offenen Brief auf

Nach Abschluss unserer Unterschriftenaktion gegen die Schließung des Postamtes in St. Ilgen (siehe auch Bericht in der RaRu Nr. 37) wurden die 438 Unterschriften mit nachfolgendem, offenen Brief an den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Post AG, Dr. Zumwinkel vom Postamt St. Ilgen aus abgeschickt:

„Sehr geehrter Herr Dr. Zumwinkel,

der SPD-Ortsverein St. Ilgen hat durch die Presse erfahren, dass die Postfiliale in St. Ilgen geschlossen werden bzw. durch eine Agentur ersetzt werden soll. Die beabsichtigte Schließung reiht sich in eine Reihe von Sparmaßnahmen der Deutschen Post AG ein, die auf dem Rücken der Kunden ausgetragen werden.

Neben der Vergabe von Posttransporten an Scheinselbstständige, Fremdvergabe der Paketzustellung an Turnschuhbrigaden, Kastenlehrung an Taxifahrer und dem Abhängen von Briefkästen sollen nun auf dem Gebiet des Schalterservices weitere 1.000 bis 1.700 Filialen geschlossen werden. Dies widerspricht dem gesetzlichen Auftrag der Deutschen Post AG zu einer flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung mit Postdienstleistungen.

Auf dem Altar der Gewinnmaximierung und des Shareholdervalue werden allenthalben die Serviceleistungen geopfert bzw. drastisch verschlechtert. Im Filialbereich müssen die Bürger immer längere Wege gehen bzw. lange Wartezeiten in Kauf nehmen, um ihr Paket oder ihren Brief abgeben bzw. Postbankdienste in Anspruch nehmen zu können. Für Agenturen sind in den Gemeinden kaum noch geeignete Ladengeschäfte vorhanden, da der Einzelhandel ebenfalls abwandert. Die hoch gelobte Privatisierung hat sich mittlerweile vom Privatkunden verabschiedet. Interessant scheinen nur noch Firmenkunden mit viel Info-Post. Durch diese Maßnahmen tragen Sie als (ehemaliges) Staatsunternehmen auch nicht unerheblich zum Anstieg der Arbeitslosigkeit bei. Anstelle zu versuchen, nicht ausgelastete Schalter durch innovative Produkte oder Kooperationen mit Firmen oder Gemeinden profitabel zu machen, fällt ihnen nichts besseres ein, als dieselben zu schließen. Sie haben sich damit von einem volkswirtschaftlich sinnvollen Wirtschaftshandeln verabschiedet.

Der SPD-Ortsverein St. Ilgen und die 438 Mitbürger, die auf den beigefügten Listen unterschrieben haben, protestieren gegen die Schließung der Postfiliale in St. Ilgen. Unterschrieben haben auch der Bundestagsabgeordnete Gert Weisskirchen und der Oberbürgermeister von Leimen-St. Ilgen Wolfgang Ernst. Wir dürfen Sie daher, sehr geehrter Herr Dr. Zumwinkel, angesichts dieser vielen Bürgerproteste, bei denen es sich letztendlich um Ihre Kunden handelt, bitten, Ihre Entscheidung zur Schließung der Postfiliale in St. Ilgen nochmals zu überdenken. Wir bitten um Ihre Antwort und verbleiben

Hochachtungsvoll
gez. Karl-Heinz Wagner
Vorsitzender des SPD-Ortsvereins St. Ilgen“

Am Beispiel der Privatisierung der ehemaligen Deutschen Bundespost unter dem damaligen Postminister Schwarz-Schilling sieht man, dass Privatisierung nicht unbedingt zu mehr Arbeitsplätzen und mehr Kundenorientierung führt. Im Gegenteil: Tausende Arbeitsplätze sind weggefallen und die Serviceleistungen werden immer mehr eingeschränkt. Ein privates Unternehmen ist nicht an Daseinsvorsorge der Bürger, sondern an lukrativen Großkunden interessiert. Daher ist bei jedem Ruf nach Privatisierung nicht nur auf die Einsparungen, sondern auch auf die Folgen für die Bürger zu achten. Wir hoffen dass unsere Aktion Wirkung zeigt und die Deutsche Post AG von der beabsichtigten Schließung Abstand nimmt.


Dietrich Unverfehrt