SPD-Gemeinderatsfraktion Leimen

SPD-Fraktion reist in die Goldene Stadt


Die Herbstzeit ist schon traditionelle Reisezeit für den jährlichen Ausflug der SPD-Fraktion; diesmal hatten wir uns das Reiseziel Prag ausgesucht. Bei leichtem Nieselregen wurden wir um 7 Uhr vom Reisebus an der Kurpfalzhalle abgeholt. Die erste Pause legten wir bei der Raststätte Frankenhöhe ein. Da es für die Toilettenbenutzung Gutscheine gab, verbanden Einige das Nützliche mit dem Angenehmen und frühstückten. Wer allerdings erst nach dem Frühstück den Toilettengang antrat, hatte Pech bzw. konnte nochmals einen Espresso trinken, was möglicherweise aber einen weiteren Gang nötig machte…

Um die Mittagszeit besuchten wir einen sog. Tschechenmarkt in Eger. Es waren sämtliche Markenartikel in Form von Jacken, Taschen, Schuhen und natürlich jede Menge Zigaretten vertreten; der Markt wurde von asiatischen, wahrscheinlich vietnamesischen Händlern dominiert. Im Restaurant ließen wir uns erstmals die gute Böhmische Küche, wie z. B. Bauernteller und Budweiser Bier schmecken – ungewohnt preiswert für ca. 3 € alles inklusive.

Nachmittags machten wir einen Abstecher in das schöne Karlsbad mit seinen unzähligen heißen Quellen. Einige waren gar so heiß, dass man sich fast die Hand verbrennen konnte. Die ersten kauften bereits hier die Mitbringsel für die Lieben daheim ein: köstliche Karlsbader Oblaten in den verschiedensten Geschmacksrichtungen. Andere Mitreisende vergaßen derweil in einem gemütlichen Kaffeehaus wohl die Zeit. Da der Bus am Abholpunkt nicht parken konnte, wurde noch eine Ehrenrunde gedreht, bis wir telefonisch die Meldung bekamen, die Gruppe sei nunmehr am vereinbarten Treffpunkt eingetroffen und die Fahrt vollzählig fortgesetzt werden konnte.

Gegen Abend erreichten wir Prag, wo wir noch in den Genuss einer nicht ganz freiwilligen Stadtrundfahrt kamen, da der Fahrer unser Hotel nicht kannte.

Nach dem Abendessen im Hotel waren noch alle voller Tatendrang und so stiegen wir in die U-Bahn direkt vor der Tür und fuhren die fünf Stationen bis zum Wenzelsplatz. Dort begann unser Bummel unter kundiger Führung von Peter Sandner durch die Stadt über den Altstädter Ring bis zu Karlsbrücke. Von hier aus hatten wir einen herrlichen Blick auf Prag bei Nacht und auf den Veitsdom. Abschließend kehrten wir noch im Cafe Grand-Hotel Europa ein, wo bei tollem live gespielten New Orleans Jazz das dunkle Bier herrlich schmeckte. Mit der letzten U-Bahn gegen Mitternacht ging es zurück zum Hotel.

Nach dem tschechischen Frühstück mit einer reichhaltigen Auswahl von herzhaften Salaten begann der nächste Tag mit einer Stadtführung mit unserer netten tschechischen Begleiterin Irina. Zunächst ging es in die Altstadt auf die Karlsbrücke: 400 Jahre lang war die auf 16 Pfeilern ruhende gotische Brücke die einzige Verbindung zwischen Altstadt und Kleinseite. Die bekannteste Brückenstatue ist die des heiligen Nepomuk; der Brückenheilige schützt in Böhmen, Schlesien und in Bayern vor Hochwasser und vor Schiffsunglücken. Das Handauflegen am Relief im Pfeiler soll Glück bringen und die blank geriebene, goldene Stelle machte klar, dass viele Besucher daran glauben. Der Heilige selbst wurde von Wenzel IV ertränkt, weil er sich an das Beichtgeheimnis hielt und trotz Folter die Beichte von König Wenzels Frau nicht offenbarte. Weiter ging’s zur astronomischen Uhr und zum Ständetheater, wo 1787 Mozarts Don Giovanni uraufgeführt wurde.

Nach unserem Spaziergang durch die Jugendstilfassaden der Pariser Straße kehrten wir in das märchenhafte Jugendstilcafe des Gemeindehauses ein, wo man in einer wunderschönen Einrichtung bei einem paradiesischen Kuchenangebot ins Träumen geriet. Bei unserem Besuch träumten jedoch nicht nur die Gäste sondern auch die Ober, die noch einen gewissen sozialistischen Charme ausstrahlten.

Nachmittags trafen wir uns mit Michael Kern, ein Bekannter von Edgar Veit und ein echter Diljemer, der in der Deutsch-Tschechischen Industrie- und Handelskammer tätig ist. In seinem lichtdurchfluteten Konferenzsaal direkt am Wenzelsplatz bekamen wir bei Kaffee und Keksen interessante Informationen über die deutsch-tschechischen Wirtschaftsbeziehungen aus erster Hand. Deutschland und Tschechien haben eine ausgeglichene Handelsbilanz, aber viele ursprünglich tschechische Firmen sind in ausländischer Hand. Gerade im Bankenbereich haben sich die Österreicher sehr engagiert, als wollten sie die K.u.K. Ära wiederaufleben lassen. Der durchschnittliche Monatslohn in Tschechien beträgt lediglich 500 EUR. Trotz Wachstumsraten von über 3 % gibt es eine relativ hohe Arbeitslosigkeit von 10 %. Die Angst vor östlichen Billiglohnländern ist groß, vor allem weil die Preise und wohl auch die Löhne an das EU-Niveau herangeführt werden müssen. Das tschechische Arbeitsrecht soll weitestgehend dem deutschen angeglichen werden.

Nach diesem überaus interessanten Vortrag machten wir einen Stadtrundgang u.a. durch den Franziskanergarten, einer Ruheoase mitten in der Stadt. Ein Teil des vorbildlich gepflegten Gartens entstand auf dem früheren Friedhof des Franziskanerordens. Zum Abschluss führte uns Michel Kern in ein Pilsener Urquell Restaurant, wo wir von seiner Lebensgefährtin mit einem kleinen „Überlebenspaket für Pragbesucher“ (Stadtplan, Schokoriegel, Becherovka) überrascht wurden. Mit landestypischer Küche und Pilsener Bier ließen wir den Abend gemütlich ausklingen.

Am nächsten Tag begann der zweite Teil unserer Stadtführung mit einer Fahrt über das Villenviertel zur Prager Burg. Der Weg führte an der Villa von einem weiteren tschechischen Nationalheiligtum, Karel Gott (Biene Maja), vorbei. Er soll gesagt haben, er leiste sich bei seinen Kindern folgenden Luxus: Eine Mutter für jedes Kind. Leider wurde er deswegen im überwiegend katholischen Tschechien nicht zum Staatspräsidenten gewählt, aber es scheint ihm auch so gut zu gehen. Entlang an einem riesigen Stadion mit der Größe von acht Fußballfeldern, wo einst eine Spartakiade stattfand, erreichten wir den Hradschin, das größte zusammenhängende Burgareal der Welt. Durch das Eingangstor der Burg, das von den „Kämpfenden Giganten“ und adretten Wachsoldaten bewacht wurde, kamen wir zum Veitsdom, wo sich bereits eine große Menschenmenge drängte; erst nach ca. 30 Minuten gelangten wir hinein. Obwohl der Grundstein bereits 1344 gelegt wurde, wurde der Bau des vorderen Teiles erst im Jahre 1929 beendet. Wunderschön war das im Jugendstil gehaltene Fenster “Kyrill und Method“ von Alfons Mucha.

Anschließend machten wir uns an den Abstieg vorbei am Präsidentensitz, wo wir nur knapp unseren Bundespräsidenten, der am Vortag zu Besuch war, verpassten. Durch das Viertel Kleinseite, vorbei an der Nikolauskirche über die Halbinsel Kampa ging es zum Bierhaus U Fleku, wo sich einige zu einem süffigen Schwarzbier trafen. Auch hier hatten die Ober ihren eigenen Willen und nur ein Teil bekam das, was er wollte. Dafür wurde jedem freundlich, aber ungefragt, ein Becherovka serviert – den man später auf der Rechnung wieder fand!

Am Abend ging es in das Böhmische Spezialitätenlokal „U Medwidka“ zu einem Böhmischen Abend. Es gab einen leckeren böhmischen Teller und Budweiser Bier. Ein Trio spielte böhmische Weisen: Ein Schiff wird kommen, Que Sera, Rosamunde. Daraufhin (es war wohl nach der dritten Runde Bier) fingen drei anwesende Juristen an zu diskutieren, ob die fehlende böhmische Musik einen Reisemangel darstelle, der nur mit zusätzlichen Freigetränken geheilt werden könne. Nachdem die Kapelle jedoch dann „Es gibt kein Bier auf Hawaii…“ anstimmte und der anwesende Notar anfing, mit seiner Gattin Walzer zu tanzen, kam man überein, dass wohl die böhmische Musik im weiteren Sinne gemeint sei und somit kein Reisemangel vorläge. Es gab pro Gast vier Freigetränke, die hauptsächliche in Halbe Bier umgetauscht wurden. Da die Mitreisenden aus den Umlandgemeinden jedoch zu schwächeln anfingen, übergaben sie nach vorgerückter Zeit unserer Gruppe ihre restlichen Getränkebons. Danach hätte jeder von uns durchschnittlich (also auch weibliche Nichtbiertrinker) 10 Bier trinken müssen. Leider wurde ab 22.30 Uhr nichts mehr ausgeschenkt, sodass ein großer Teil der Bons für die nächste Pragreise aufgehoben werden musste! Der Abend klang – ohne Bons – an der Hotelbar aus.

Pünktlich fuhren wir dann am nächsten Morgen um 9.30 Uhr in Richtung Pilsen ab. Dort bestand die Möglichkeit der Besichtigung des Brauereimuseums oder Einkehr in der Brauereigaststätte. Der Verfasser entschied sich für letzteres, da er trotz fast durchczechter – pardon: durchzechter Nacht - sich ein frisch gezapftes Pilsener nicht entgehen lassen wollte. Aber auch das Museum soll seinen Besuch wert gewesen sein.

Danach ging es weiter auf einen sog. Tschechenmarkt bei Waidhaus, wo noch die letzten Mitbringsel für die Daheimgebliebenen eingekauft werden konnten. Wir kamen dann noch bis zu unserem Rastplatz Frankenhöhe, als die Autobahn auf Grund eines größeren Unfalls für ca. drei Stunden gesperrt war. Unser Fahrer hatte Getränke an Bord bzw. konnte man sich auf der Raststätte verpflegen und so ließen wir uns die Reise nicht verdrießen. Gegen 22.30 erreichten wir alle wohlbehalten St. Ilgen.

Wenn der geneigte Leser den Eindruck gewann, wir hätten uns in Prag hauptsächlich der guten Böhmischen Küche und dem Schwarzbier gewidmet, so irrt er. Der Reisebericht betraf immer nur einen Teil unserer Gruppe; der andere Teil war mit Sicherheit gerade in einem Museum oder einer sonstigen, kulturellen Veranstaltung.


Dietrich Unverfehrt