Wahlprogramm 2004 - Soziale Verantwortung

Agenda-Prozess und Bürgerschaftliches Engagement

Die nachhaltige Sicherung einer lebenswerten Zukunft hängt auch und besonders von einer Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements in unseren Städten ab. Das gilt um so mehr in Zeiten knapper Kassen. In Leimen gibt es schon seit vielen Jahren solches Engagement in vielen Vereinen, die wichtig sind für ein gesellschaftliches Zusammenleben.

Verhältnismäßig jung ist hingegen noch bürgerschaftliches Engagement, das spontan entsteht und nicht längerfristig angelegt, sondern oftmals nur auf bestimmte Projekte bezogen ist. Das Bürgerkontaktbüro versucht hier zu initiieren, zu animieren, zu kanalisieren und weiter zu vermitteln.

Die Arbeit des Bürgerkontaktbüros und mit ihm bürgerschaftliches Engagement und Selbsthilfeeinrichtungen in unserer Stadt bedürfen der Förderung im Austausch mit den beteiligten Bürgerinnen und Bürgern. Dies ist eine der wichtigsten Aufgaben für die kommenden Jahre.

Unter Berücksichtigung des bürgerschaftlichen Engagements und verstärkter Kooperation mit Nachbargemeinden - und im Hinblick auf die bescheidenen finanziellen Rahmenbedingungen in der nahen Zukunft - sehen wir dennoch für die kommenden fünf Jahre besonderen Handlungsbedarf in folgenden Bereichen:

Das explosionsartige Wachstum unserer Stadt in den vergangenen beiden Jahrzehnten hat nicht nur positive Seiten. Insbesondere Leimen-Mitte und St. Ilgen sind nicht mehr die beschaulichen Dörfer, die sie vor wenigen Jahrzehnten noch waren. Mit dem Anwachsen der Einwohnerzahl haben sich auch soziale Probleme vervielfacht, die immer augenfälliger werden und nicht mehr länger zu ignorieren sind.

Vorhanden ist ein hoher Bedarf an sozialer Beratung vor allem in den Bereichen Schuldnerberatung, psychosoziale Beratung (bei Alkohol-, Medikamenten-, Drogen- u. a. Abhängigkeiten), Ehe- und Familienberatung, Erziehungsberatung. Es ist kein guter Zustand, dass Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt, die Hilfe brauchen, nach Heidelberg, Wiesloch oder anderswo ausweichen müssen.

Sozialberatung ist eine Investition in die Zukunft und beugt zukünftigen höheren Ausgaben zur Schadensbehebung vor.

Zu erarbeiten ist ein umfassendes Sozialberatungskonzept in Zusammenarbeit mit den Freien Trägern (AWO, Caritas, Diakonie, DRK, IB, etc.) den und an einer Kooperation interessierten Nachbargemeinden.

Kinder, Jugendliche, Familien

Ihnen gelten oft nur schöne Fensterreden, aber auch konkrete Maßnahmen sind nötig.

Nach den Investitionen des Bundes im Bildungsbereich müssen auch in Leimen weitere Taten folgen:

  • Bedarfsgerechter Ausbau oder Umgestaltung der flexiblen Betreuungsangebote und Betreuungszeiten für Kinder aller Altersgruppen - ggf. in Kooperation mit örtlichen Betrieben
  • Verstärkte Sprachförderung für Kinder in Kindergärten und Schulen
  • Dauerhafte Absicherung der Jugendsozialarbeit an den Leimener Hauptschulen
  • Ausbau - nicht Kürzung - der offenen, aufsuchenden Jugendarbeit in allen Stadtteilen (insbesondere an sozialen Brennpunkten, die wir durch Ignorieren nicht verdrängen können).
    Auch offene Jugendarbeit ist Prävention!
  • Schaffung nichtkommerzieller Treffpunkte für Jugendliche
  • Bündelung der Vereinszuschüsse zur Stärkung der Jugendarbeit in den Vereinen

Insbesondere wollen wir eine Kinder- und menschenfreundliche Stadtplanung:

  • Ausbau von Spielstraßen und Fußgängerbereichen in den Ortskernen der Stadtteile und in reinen Wohngebieten
  • Schaffung und Erhaltung eines attraktiven, bedarfsgerechten Spielplatzangebots (z. B. Bau eines weiteren Abenteuerspielplatzes)
  • Erhalt natürlicher Spielflächen und Grünzonen
  • Planung sicherer Schulwege
  • Berücksichtigung der Belange von Kindern und Familien bei den Planungen zur Umgestaltung/Neuschaffung von Hallen- und Freibad

Senioren

Die demografische Entwicklung belegt, dass der Anteil älterer Menschen immer größer werden wird. Darauf müssen wir uns auch in Leimen einstellen. Wichtig in den kommenden Jahren sind:

  • Förderung der Selbsthilfe von Seniorinnen und Senioren
  • Einrichtung bzw. Förderung von Seniorenbegegnungsmöglichkeiten in allen Stadtteilen
  • Stärkung der Informations-, Anlauf- und Vermittlungsstelle bei der Stadtverwaltung
  • Förderung des Besuchsdienstkreises des Bürgerkontaktbüros
  • Verstärkte Beteiligung des Seniorenbeirats an Entscheidungen des Gemeinderats für ältere Menschen
  • Förderung des Baus altengerechter Wohnungen in den Stadtteilen, nicht an deren Rand- oder Gewerbegebieten
  • Stärkung der ambulanten Pflege und bei Bedarf Einrichtung einer Tagespflege in der Stadt

Menschen mit Behinderungen

Das Europäische Jahr der Menschen mit Behinderungen 2003 war in Leimen kein zentrales Thema, aber auch die Anzahl behinderter Menschen ist - dank medizinischer Fortschritte und einer alternden Bevölkerung - im Ansteigen. Notwendig sind daher:

  • Förderung der Selbsthilfe von Menschen mit Behinderungen
  • Sicherstellung von Barrierefreiheit im öffentlichen Raum und aller öffentlicher Einrichtungen bei allen Planungen der Stadt (z. B. Neugestaltung Freibad) mit Beteiligung Betroffener.
  • Förderung integrativer Betreuungsmodelle an Schulen und Kindergärten für behinderte und nichtbehinderte Kinder und Jugendliche

Spätaussiedler/Zuwanderer

In Leimen hat eine große Zahl an Spätaussiedlern eine neue Heimat gefunden. Gerade den jüngeren unter ihnen fällt die Eingliederung in der neuen Heimat nicht leicht. Bund und Land ziehen sich aus der Integrationsarbeit immer mehr zurück. Das Aussiedlerwohnheim soll zum Jahresende geschlossen werden. Dann wird sich evt. auch der Rhein-Neckar-Kreis aus der sozialen Arbeit verabschieden. Viele Aussiedler haben aber eine Wohnung in unserer Stadt gefunden und werden auf Dauer hier bleiben.

Wir fordern daher:

  • Erarbeitung eines stadtweiten Integrations- und Betreuungskonzepts für die Zeit nach Schließung des Aussiedlerwohnheims in der Fasanerie. Dabei ist der Kreis auch zukünftig nicht aus seiner Mitverantwortung für die Soziale Betreuung zu entlassen. Das bisherige Betreuungsniveau darf nicht unterschritten, sondern sollte gerade im Jugendbereich verbessert werden.
  • Verstärkung der Hilfe zur Selbsthilfe im Bereich der Spätaussiedler
  • Unbefristete Weiterbeschäftigung der Brückenlehrerin an der Geschwister-Scholl-Schule, St. Ilgen
  • Verstärkung des Sprachkursangebots
  • Maßnahmen zur Vermeidung von Ghettobildung
  • Zusätzliche Unterstützung von Vereinen und Organisationen, die bei der Integration von Zuwanderern mitwirken

Kooperation mit Nachbargemeinden

Zukunftsperspektiven für die Gemeinden im Süden von Heidelberg bieten in verstärktem Maße die Zusammenarbeit und die Schaffung/Förderung gemeinsamer Angebote auch im sozialen Bereich. Nicht jede Gemeinde muss das Rat neu erfinden!

Mögliche Ansatzpunkte könnten sein:

  • Gemeinsame Abenteuerspielplätze
  • Koordination der Angebote in der Jugendarbeit
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  • Schaffung einer gemeinsamen Jugendsozialarbeit oder eines Streetworker-Teams
  • Gemeinsames Ferienprogramm
  • Gemeinsame Altenhilfefachberatung oder IAV-Stelle
  • Gemeindeübergreifende Freizeitangebote
  • Kriminalitätsprävention